“Wir hatten Jahre, da haben wir gar nichts ernten können” – In Fraxern trägt die Geduld heuer Früchte

Die Kirschernte läuft in Fraxern derzeit auf Hochtouren – ein kurzer Zeitraum, der für viele Bewohner im Dorf nach wie vor eine große Bedeutung hat.
Darum geht’s:
- Kirschzeit in Fraxern ist angelaufen.
- Bertram Nachbaur und Familie betreiben Peter Hof.
- “Projekt 1000” schützt Kirschen vor Umwelteinflüssen.
Fraxern Wenn sich die Äste unter dem Gewicht der prallen, dunkelroten Früchte biegen und die ersten Sonnenstrahlen des Tages durch die Baumkronen blitzen, dann ist Kirschzeit in Fraxern. Zwischen Ende Juni und Anfang Juli stehen die Bäume in voller Pracht – und mit ihnen beginnt in dem kleinen Bergdorf jene kurze, aber intensive Zeit, in der Leitern aufgestellt, Körbe gefüllt und Naschereien garantiert sind.

Mittendrin steht auch Bertram Nachbaur mit seinen Söhnen Gerhard und Thomas sowie seiner Frau Christine. Die Familie betreibt zusammen den Peter Hof und hat mit der Kirschernte alle Hände voll zu tun.

Tradition und Wandel
“Die ‚Fraxner Kriasi‘ haben eine lange Geschichte und waren sogar im Tirol bekannt. Das war damals ein richtiger Geschäftszweig”, erzählt Bertram Nachbaur. “Unsere Groß- und Urgroßeltern haben das verstanden und die Kultur der Kriasibauern aufgebaut.” Sie trieben einst mit dem Schlitten ihre Ware von Fraxern hinab ins Tal und zogen von dort aus in die Städte und Gemeinden Vorarlbergs. Die Kirschen wurden ausschließlich auf Hochstämmen geerntet, sorgfältig verlesen und als “Fraxner Kriasi” verkauft – ein Begriff, der bis heute Kenner zum Schwärmen bringt.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Von einst über 6000 Kirschbäumen im Ort stehen heute nur noch rund 2000. Vielerorts sei das “Kriasiholen” mittlerweile nur noch ein kleiner Nebenerwerb oder für den Eigenbedarf gedacht.

Von Freude und Naschen
Nichtsdestotrotz bereitet die traditionelle Ernte den Menschen in der Gemeinde Freude. So auch Bertrams Söhnen. “Es ist einfach eine schöne Arbeit. Man sieht am Abend, was man alles geschafft hat und das zwischenzeitliche Naschen kommt natürlich auch nicht zu kurz”, schmunzelt der 23-jährige Gerhard.

Sein Bruder Thomas kann dem nur zustimmen. “Kirschen sind eine meiner Lieblingsfrüchte und die Arbeit macht einfach eine Freude”, erzählt der 28-jährige Fraxner.

Risiken, Rückschläge, Neuanfang
“Wir hatten Jahre, da haben wir gar nichts ernten können”, lässt Bertram Nachbaur wissen. Mal war es der Frost, mal die Kirschessigfliege, mal starke Regenfälle, die den gesamten Ertrag innerhalb weniger Minuten vernichteten. “Du pflegst die Bäume das ganze Jahr mit viel Sorgfalt und dann ist auf einen Schlag alles dahin.”


Genau hier kam 2021 “Projekt 1000” ins Spiel: Der Aufbau einer neuen, überdachten Niederstammanlage mit einer Fläche von rund 6000 Quadratmetern. “Der Name kommt daher, weil sich die Anlage auf etwa 1000 Metern Höhe befindet und wir mit den außen liegenden Apfelbäumen zusammen auf etwa 1000 Bäume kommen”, erklärt Thomas. Dort finden sich verschiedenste Sorten und Veredelungen – unter anderem auch “Die große Schwarze”. Sie ist eine der Kirscharten, die als “Fraxner Kriasi” bekannt ist.


Die Reife macht‘s
Aber auch andere Sorten wie beispielsweise “Kordia” haben ihren Anreiz – sofern sie am Baum ausreifen dürfen. Denn genau das sei der Unterschied zu importierter Ware: “Kirschen reifen nicht nach. Nur wenn sie wirklich reif geerntet werden, schmecken sie richtig gut”, erklärt Bertram Nachbaur. Dafür nimmt man auch in Kauf, dass die Früchte nicht unbegrenzt haltbar sind. “Wenn man es richtig macht, halten sie nach der Ernte maximal eine Woche im Kühlschrank.”

Fraxern, das Kirschendorf
Wie viel bei der diesjährigen Kriasiernte herauskommen wird, lässt sich nicht genau festmachen. “Ich rechne grob mit 1,5 Tonnen”, meint Bertram. Eine Zahl mit Unsicherheiten, denn: “Die Bäume hängen so dicht, das ist schwer zu sagen.” Sicher ist nur eines: In Fraxern wird auch in Zukunft geerntet, was glänzt – und zwar mit viel Herzblut und einem Gespür für Qualität.








