Wie ein Bludenzer Werk Industriegeschichte schrieb

Das Alvierwerk in Bludenz zählt zu den größten privaten Wasserkraftwerken Österreichs.
Bürs Wer heute durch Bürs spaziert, ahnt kaum, welche industrielle Pionierleistung sich hier vor über einem Jahrhundert vollzog. Zwischen grünen Ufern und alten Fabrikgebäuden verbirgt sich das Alvierwerk – ein technisches Denkmal, das einst den Weg in ein neues Energiezeitalter ebnete. Die Geschichte beginnt mit zwei visionären Männern: Ferdinand Gassner, Energiepionier und Teilhaber der Firma Getzner, Mutter & Cie., und Ignaz Wolf, ein Bludenzer Baumeister mit Weitblick. Über viele Jahre planten sie gemeinsam ein Kraftwerk, das die energiehungrigen Fabriken in Bludenz und Nenzing von wetter- und saisonabhängigen Wassernutzungsrechten unabhängig machen sollte.

Vom Alvier zur Industrieenergie
1907 begann der Ausbau: Die Druckrohrleitung, Kanäle und die Wasserfassung des Alvierbachs wurden angelegt. 1911, ging das Alvierwerk mit zwei Peltonturbinen offiziell in Betrieb. Die Stromversorgung aller Getzner-Betriebe im Raum Bludenz war damit gesichert. Ab 1923 versorgte eine dritte Turbine zusätzlich das Werk mit Energie. Ein technologischer Quantensprung, der zur vollständigen Elektrifizierung des Betriebsareals „Bleiche“ in Bludenz führte. Die zuvor mechanisch mittels Transmissionen übertragene Energie – etwa über eine sogenannte Königswelle – wurde zunehmend durch elektrische Systeme ersetzt.

Ein Werk als Vorbild
Besonders beeindruckend war der Alvierkanal – ein über 400 Meter langer Wasserkanal, der ursprünglich schon 1836 beim Bau der Lünerseefabrik angelegt wurde. Die Viaduktstruktur aus Bruchsteinmauerwerk wurde über Jahrzehnte hinweg immer wieder erhöht und angepasst. Doch auch der Alvierbach stieß irgendwann an seine Grenzen. Bereits 1856 und 1857 wurde daher ein zweiter Kanal von der Ill abgeleitet, um die steigende Energienachfrage der Lünerseefabrik zu decken. Noch heute ist das Alvierwerk in Betrieb. Die technische Anlage wurde über ein Jahrhundert hinweg modernisiert, das imposante Jugendstilgebäude steht unter Denkmalschutz und gilt als eines der schönsten Bauwerke im Getzner’schen Besitz. Es erinnert nicht nur an eine Zeit des industriellen Aufbruchs, sondern auch an die architektonische Handschrift jener Epoche. MEC