Ein Werk, das Vorarlberg prägte – Die Geschichte des Zementwerks Lorüns

Seit seiner Gründung 1907 hat das Zementwerk Lorüns das Gefüge des Landes mitgestaltet.
Lorüns Als sich 1907 rund 80 Gesellschafter – darunter viele Bau- und Maurermeister Vorarlbergs – im Hotel Bären in Feldkirch zur Gründungsversammlung trafen, war der Grundstein für ein Industrieprojekt gelegt, das die Region bis heute prägt. Mit einer Million Kronen Kapital wurde die Vorarlberger Zementwerke GmbH ins Leben gerufen, angesiedelt im kleinen Lorüns bei Bludenz. Entscheidend war die Nähe zu den reichen Mergel- und Kalksteinvorkommen, ohne die eine Zementproduktion undenkbar gewesen wären. Die ersten Jahre waren von Rückschlägen geprägt, wie Ulrike Althof und Horst Böhler in ihrer “Chronik des Zementwers Lorüns” aufführen: 1910 zerstörten Brand und Hochwasser Teile der Anlagen, doch bald gelang es, hochwertigen Portlandzement herzustellen.

In den Schlagzeilen
Bereits 1913 galt der „Lorünser Zement“ als Qualitätsmarke und der spezielle Zement machte international Schlagzeilen. Im Ersten Weltkrieg beanspruchte das Kriegsministerium in Wien die gesamte Produktion für militärische Zwecke – vom Balkan bis an den Isonzo wurde mit Zement aus dem Montafon gebaut und befestigt. Nach dem Krieg fanden Investitionen in moderne Maschinen statt und eigene Energiequellen folgten, etwa das 1924 errichtete Alfenzkraftwerk, das die Produktionsanlagen mit Strom versorgte. 1500 Eisenbahnwaggons Kohle pro Jahr verschlangen die Öfen in Lorüns und im Zementwerk Ludesch, das 1916 übernommen worden war.

215.000 Tonnen Zement
In den Jahrzehnten danach entwickelte sich das Werk zum Rückgrat der Vorarlberger Bauwirtschaft. 1972 etwa lieferte es 215.000 Tonnen Zement – und konnte dennoch den Bedarf kaum decken. Klinker musste aus Italien und Deutschland importiert werden. Zugleich wuchs die Kritik: Staub und Schwefeldioxid-Emissionen belasteten die Umwelt, Proteste der Bevölkerung nahmen zu. Die Werksleitung versprach modernste Filtertechnik und plante eine neue Wärmetauscher-Drehofenanlage, die leistungsfähiger und sauberer sein sollten. Doch das Zementwerk war nie nur eine Fabrik. Es war Arbeitgeber für Hunderte, Motor der Regionalentwicklung und ein Symbol für den Balanceakt zwischen Wirtschaftskraft und Umweltschutz. Bis heute ist Lorüns mit dem Werk untrennbar verbunden: als Ort, an dem sich Industriegeschichte, Landschaft und Gesellschaft kreuzen und an dem heute ein Gewerbegebiet entstanden ist.
