Kleines Kirchlein für die Aussätzigen

Heimat / 30.09.2025 • 14:16 Uhr
Die Sebastian-Kapelle im Hasensprung
Die Sebastian-Kapelle im Hasensprung Otto Schwald

Am Stadtrand von Bludenz erinnert die Sebastian-Kapelle an das ehemalige Siechenhaus.

Bludenz An der Alten Landstraße in Richtung Nüziders befindet sich im Ortsteil Hasensprung noch heute eine kleine Kapelle, die hier wohl schon im Spätmittelalter gestanden hat. Bis ins späte 19. Jahrhundert lag sie auf dem Gemeindegebiet von Nüziders, denn die heutige Grenzziehung zwischen Bludenz und Nüziders erfolgte erst 1880 und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der damaligen Verlegung des Galgentobels.

Ein Bild des Hl. Sebastian über dem kleinen Altar dominiert den Innenraum der Kapelle.
Ein Bild des Hl. Sebastian über dem kleinen Altar dominiert den Innenraum der Kapelle.

Die kleine Kapelle ist das letzte Relikt auf dem Areal des ehemaligen Sondersiechenhauses, das sich seit dem 14. Jahrhundert hier befunden hatte. Die erste urkundliche Erwähnung des Gebäudes datiert aus dem Jahr 1359, es gibt allerdings berechtigte Annahmen, dass es schon zuvor an gleicher Stelle ein Leprosenspital gegeben hatte. Dass die kleine Kapelle also bereits zu dieser Zeit an dieser Stelle gebaut worden ist, darf als gesichert angenommen werden. Traditionell wurde eine an solchen Plätzen errichtete Kapelle einem Pestheiligen geweiht, im vorliegenden Fall dem Hl. Sebastian. Daher trägt sie auch den Namen dieses Heiligen, nachdem sie in früheren Jahrhunderten immer als Siechenhauskapelle bezeichnet worden war. Nach dem Abriss des Sondersiechenhauses im Jahr 1879 geriet allerdings die ursprüngliche Bedeutung des kleinen Gotteshauses nach und nach in Vergessenheit und der Name “Sebastianskapelle” setzte sich durch.

Einst diente das kleine Gotteshaus der religiösen Betreuung der im benachbarten Gebäude untergebrachten Aussätzigen. Ihnen war es ja wegen der Ansteckungsgefahr nicht erlaubt, Gottesdienste in den Pfarrkirchen in Nüziders bzw. in Bludenz zu besuchen. Hier hatten sie in unmittelbarer Nähe zu ihrer Wohnstätte die Möglichkeit, Messfeiern beizuwohnen oder auch nur zu beten.

Die Sebastianskapelle ist ein schlichter, rechteckiger Bau mit einem Satteldach, dessen Giebel westseitig über dem Eingang mit Holz verkleidet ist. In der Mitte des Dachfirsts steht – allerdings erst seit 1880 – ein kleines Türmchen mit einer Glocke. Da sich die Kapelle unter dem heutigen Straßenniveau befindet, erfolgt der Zugang über ein paar nach unten führende Stufen. Allerdings ist die Türe verschlossen, da das kleine Kirchlein – heute im Privatbesitz – nicht öffentlich zugänglich ist.

Im Inneren der gewölbten Kapelle stehen links und rechts eines schmalen Mittelgangs auf einem Steinboden mit rot-weißem Gittermuster zwei bzw. drei weiße Bänke. Über dem einfachen, kleinen Altar hängt an der Wand ein Bild, das den Hl. Sebastian darstellt, den Schutzpatron der Pestkranken und Aussätzigen.

Etwas abseits der Kapelle stand in früheren Zeiten auch noch ein kleines Bethäuschen, das es den Sondersiechen ermöglichte, auf den Altar zu sehen und am Gottesdienst aus der Ferne teilzunehmen.

Als nach dem Verkauf des Grundstücks und der bald danach erfolgten Errichtung des neuen Sparmarkts ein Abriss der Sebastianskapelle erwogen wurde, entschlossen sich die Verkäufer, den Bereich um die Kapelle zu behalten, um deren Weiterbestehen zu gewährleisten. OS