Wundersame Verdopplung
Catharina Fineder hat auf das Haus der Eltern von Stephan Moosbrugger eine Holzbox gestellt. Eine relativ kostengünstige und auch in Sachen Kinderbetreuung ideale Lösung für die junge Familie. Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Petra Rainer
tephan Moosbrugger ist in dem Haus, in dem er heute mit seiner Frau Mareike Geser und den zwei gemeinsamen Kindern wohnt, aufgewachsen. Damals war dieses allerdings noch ein typischer Bungalow aus den 60er-Jahren, auf das die Feldkircher Architektin Catharina Fineder nun sozusagen einen zweiten – hölzernen – gesetzt hat. Direkt daneben wohnt in einem neuen Haus die Schwester des Bauherrn, der große gemeinsame Garten ist ein wunderbarer Spielplatz für die Kinder der beiden Familien, die auf diese Weise ohne großen Aufwand teilweise von den Großeltern oder von einem der Elternteile gemeinsam beaufsichtigt werden können. Ein Mehrwert für alle, der eventuell zu große Nähen mehr als wettmacht.
Die jungen Moosbruggers brauchten dringend eine größere Wohnung und da Sohn Stephan ohnehin einmal das heimatliche Haus übernehmen soll, bot sich dessen Aufstockung regelrecht an. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich eine solche als relativ kostengünstige Lösung anbot. Was für die Architektin aus statischen Gründen keine leichte Aufgabe war, in ihr allerdings den Ehrgeiz anstachelte, aus der gegebenen Situation das wirklich Beste zu machen.
Vom Feinsten ist auf jeden Fall die Aussicht auf das Rheintal, die sich von der Wohnung der jungen Familie bietet, denn das Haus liegt an der Kante eines dicht bebauten Steilhangs. Das nunmehrige Obergeschoß ragt wie ein Guckkasten über die Dächer der Häuser darunter hinaus. Während der nun zum Erdgeschoß gewordene, ehemalige Bungalow massiv gemauert und hell verputzt ist, ist das neue Obergeschoß eine pure Holzbox. Was nicht zuletzt wegen deren Leichtigkeit eine Notwendigkeit war, aber auch der schnellen Bauweise wegen, wohnten die Eltern doch während des gesamten Umbaus im Haus. Was den großen Vorteil hatte, mit dem Vater von Stephan Moosbrugger permanent eine Art „Bauleiter“ vor Ort zu haben.
124 Quadratmeter an qualitativ hochwertiger Wohnnutzfläche sind auf diese Weise zwischen November 2015 und dem April des heurigen Jahres entstanden. Als neues Haus auf dem praktisch unangetastet gebliebenen bestehenden Haus, erschlossen von oben rechtsseitig durch eine schlichte, hölzern eingehauste Metallstiege. Allein auf der linken Seite verbindet eine Box, die wie der neue, vorgefertigte Holzriegelbau vertikal mit Latten aus Lärchenholz verkleidet ist, das Unten mit dem Oben. Die Eltern haben hier ihren Wintergarten, die darüber lebende junge Familie eine angenehm geschützte Terrasse.
Wie schon erwähnt, war die Tragfähigkeit des Bestandsgebäudes für eine Aufstockung problematisch. Mit der Konsequenz, dass die tragenden Wände von unten auch oben übernommen werden mussten. Das sei gestalterisch durchaus einschränkend gewesen, sagt Catharina Fineder. Sie habe das allerdings als Herausforderung angenommen. Mit einem Ergebnis, mit dem die Architektin zufrieden ist und die Bauherren rundum glücklich sind.
Zum Tal hin kragt der komplett auf speziellen Lagern liegende, perfekt auch bezüglich Trittschall gedämmte Neubau leicht aus. Das Fast-Flachdach ist mit einem Pultdach raffiniert verschnitten, was sich angenehm bei der Raumhöhe von 3,80 Meter des mittig das ganze Haus durchpflügenden Gangs niederschlägt. Der Koch- und Essbereich ist großzügig dimensioniert, öffnet sich durch riesige, dreifachverglaste Fenster talwärts bzw. zur 20 Quadratmeter großen, teilweise in den Baukörper hineingeschnittenen Terrasse. Von hier geht es auch zum intim hangwärts eingenisteten Wohnraum, der sich durch eine hölzerne Schiebetüre von einem kleinen Arbeitszimmer abtrennen lässt. Die Wände sind weiß verputzt, die Türen und Decken sind aus Weißtanne. Aus Eiche sind die Böden, außer die im Gang bzw. Essbereich, die aus praktischen Erwägungen mit hellem Feinsteinzeug belegt wurden.
Für behagliche Wärme sorgt in dem Niedrigenergiehaus eine Fußbodenheizung, die gemeinsam mit dem Altbestand zentral mit Holz betrieben wird.
Es kommt mir so vor, als würden wir schon ewig hier wohnen.
Besonders die Bau-
herrin ist begeistert von den vielen Stauräumen, die sich hinter den von einem lokalen Tischler maßgeschneiderten raumhohen Holzelementen mit ihren bündig eingelassenen Türen verstecken.
Viel Platz ist auch im Bad der Moosbruggers. Extravaganzen in Sachen Design sind nicht zuletzt wegen des engen finanziellen Korsetts hier nicht zu finden.
Der Grundriss der 124-Quadratmeter-Wohnung der vierköpfigen Familie Moosbrugger ist großzügig offen mit der Option, durch hölzerne Schiebetüren bei Bedarf Zonen des Rückzugs zu schaffen.
Vom Esstisch aus bietet sich ein wunderbarer Panoramablick durch ein riesiges raumhohes Fenster. Viel Licht wird aber auch durch die das Pultdach senkrecht begrenzenden Oberlichten in das Haus eingeschleust.
Auch die zwei Kinder der Familie Moosbrugger/Geser haben sich in ihrer neuen Heimat in wenigen Monaten so gut eingelebt, als würden sie schon immer hier wohnen.
Großzügig dimensioniert sind die zwei Kinderzimmer. Die aus Gipsbeton gebauten Zwischenwände sind wie im ganzen Haus weiß gestrichen, die Decken aus Weißtanne, die Böden aus gebürsteter Eiche.
Wohnraum und Arbeitszimmer lassen sich durch eine Schiebetüre (fast) zu einer Einheit verbinden. Nach außen offen durch Fenster in zwei Richtungen, vor zu viel Sonne geschützt durch außenliegende Jalousien.
Mit Lärchenholz ist außen die Holzbox verkleidet, die Catharina Fineder auf den gemauerten Bungalow aus den späten 60er-Jahren gesetzt hat. Zusammengebunden werden Alt und Neu linksseitig durch ein ebenfalls hölzern eingehaustes Element.
Zum Tal hin leicht auskragend ist die neue Holzkons-
truktion auf den Bestand gesetzt. Das Dach ist eine reizvolle Kombination aus Fast-Flachdach und Pultdach.
Privatheit garantieren getrennte Eingänge in das alte wie das neue Haus. In dieses gelangt man von der Hangkante kommend rechtsseitig durch eine schlichte metallene Stiege.