Kommentar: Hooligans an der Macht
Seit Januar erleben wir das Schauspiel einer amerikanischen Regierung, die jeden Tag ein neues Register hemmungsloser Allmachtsfantasie zelebriert. Eine Allmacht, die sich darin gefällt, aus dem Wort „Demokraten“ (und damit jedem zweiten amerikanischen Wähler) ein Schimpfwort zu machen – und jeden noch so höflichen Fragesteller vor laufender Kamera wüst zu beleidigen und zu bedrohen. In einer Sprache die aus nichts anderem mehr, als stolz zur Schau getragener Verachtung besteht.
Nein, diese angeblichen “die da oben” sind, so stelle ich mit Verblüffung fest, Leute wie ich.
Die Sprecherin des Weißen Hauses übertrifft darin noch ihren Präsidenten, der ja manchmal noch den Eindruck eines kleinen Kindes macht, der sein Spielzeug zertrümmert und mit großen Augen fragt, ob man ihn dennoch liebt. Um dann freilich jedem Gewalt anzudrohen, der in das „everbody says it“ nicht einstimmt.
Karoline Leavitt verkörpert das Böse der absoluten Macht hingegen ohne kleinkindliche Verkleidung. Ihre Standardantwort auf Journalistenfragen, warum Trump dies oder jenes beschlossen habe, lautet kurz und knapp: „Weil er es darf.“
Diese Regierung ist „ihrem“ Volk keine Antworten, keine Erklärungen mehr schuldig. Sie verkörpert den „Volkswillen“, den Trump beschließt. Freilich, so gegen das ganze „Volk“ kann diese Diktatur ja nicht errichtet worden sein. Irgendetwas an dieser Aggression gegen jede Menschenwürde, jedes Recht, jeden Kompromiss, jede Achtung vor dem Anderen muss ja vielen eine tiefe Befriedigung verleihen. Es ist das große „Du darfst … jedenfalls zuschauen wie er darf“, es ist der große Rachefeldzug für den eigenen Frust, eine Rache an „denen da oben“, womit natürlich nicht die mittlerweile sprichwörtlichen Milliardäre gemeint sind. Diese Oligarchen, die sich Trump, seinem Vorbild Putin folgend, mittlerweile zu folgsamen Speichelleckern herangezogen hat, erlaubt die Trump Administration zwar nicht zu mucken, aber sich umso hemmungsloser auf Kosten der von ihm beschworenen Stahlarbeiter, des armen Südens und letztlich fast jeden Amerikaners zu bereichern.
Nein, diese angeblichen „die da oben“ sind, so stelle ich mit Verblüffung fest, Leute wie ich. Die „Intellektuellen“, die „Besserwisser“, die Wissenschaftler, die Clowns – und auch die ganz unten, die Migranten die sonst die Drecksarbeit machen, und die er jetzt seinen Hooligans zum Fraß vorwirft. Und wenn sieben Millionen Menschen in den USA gegen den neuen „König“ auf die Straße gehen, dann postet das Weiße Haus schon am nächsten Tag ein AI-Video auf Tiktok, das ihn als „König“ in der Kanzel eines Kampfflugzeugs zeigt, der auf die Menschen seines Landes Scheiße regnen lässt. Kein König, nein, ein Hooligan an der Macht.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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