Licht für das Spital

Krankenhäuser sind essenziell für eine Gemeinschaft, sie sollten unbedingt allen
Bedürftigen offen stehen. Denn Gesundheit ist das höchste Gut – und Krankheit kann jede und jeden treffen. Im Operationsbereich geht es oft um Leben und Tod.
Von der ärztlichen Leitung bis zum Reinigungspersonal wissen hier alle, was zu tun ist. Marte.Marte gestalteten den neuen OP-Bereich im Stadtspital Dornbirn als
unterstützendes, tageslichterhelltes Umfeld für alle,
die hier arbeiten und versorgt werden.
D em städtischen Krankenhaus war immer schon ein Vorreiter. 1889 richtete man in der alten Kavalleriekaserne den ersten Operationssaal Vorarlbergs ein, 1915 hatte es das erste Röntgengerät, ständig wurde erweitert. 1976 fiel der Beschluss zum Neubau zwischen Lustenauer Straße und Ach. Der auf Krankenhäuser spezialisierte deutsche Architekt Hans August Heymanns und Franz Seitz aus Dornbirn planten den Stahlskelettbau mit dem massiven Kern, der 1983 eröffnet wurde. Kontinuierlich modernisiert, ist er seither ständig in Betrieb. Doch Patientenzahlen und technische Anforderungen stiegen. Krankenhausexperte Heinrich
Limacher erarbeitete ein Konzept, um den Bestand zukunftsfit zu machen. 2004 errichteten die Architekten Gohm Hiessberger einen neuen Verwaltungstrakt, zwischen 2006 und 2013 gestalteten sie die Intensivpflege, gynäkologische und geburtshilfliche Ambulanz, sowie andere Abteilungen im Erdgeschoß neu. Gerhard Wolf plante den neuen Hubschrauberlandeplatz. Nun wird der Operations-Bereich (OP) im ersten Stock am nordwestlichen Eck des Spitals erneuert und erweitert. Marte.Marte Architekten gewannen den Wettbewerb dazu.Sie fanden sowohl im Umgang mit dem Altbau als auch in der inneren Organisation die überzeugendste Lösung. Souverän strukturierten sie sieben neue OP-Säle, Aufwachbereich und Zentralsterilisation so übersichtlich, dass die komplexen Abläufe stark vereinfacht und die Wege verkürzt sind. Passgenau schmiegt sich der Zubau an den Bestand, um dann weit ausholend das nordwestliche Eck zu umarmen.
Die Baustelle war gleichsam eine Operation am offenen Herzen: Bei laufendem Betrieb wurde der Zubau in Etappen errichtet, alle Materialien von unten durch den Lichthof gehoben, dessen Verglasung künftig Patienten im Aufwachzimmer mit verheißungsvoller Helligkeit begrüßen wird. Diese logistische Meisterleistung funktionierte nur, weil die Verantwortlichen der Stadt, Mediziner, Fachplaner, Architekten und alle anderen Beteiligten an einem Strang zogen. Zumtobel entwickelte eine spezielle Leuchte, die mit unterschiedlichen Lichtanteilen den Verlauf der Sonne von früh bis abends simuliert, bei Bedarf aber auch anders einzustellen ist. „Wir wollten einen sympathischen OP-Bereich gestalten“, sagt Stefan Marte. „Wir behandelten das Licht wie eine zusätzliche Farbe. Die Materialität ist in hohem Grad darauf ausgerichtet, ein Wohlfühlambiente zu schaffen.“ Natürliches Licht, Ausblicke in die Natur, eine gute Akustik, ein subtiles Farbkonzept von Monika Heiss und viele andere Gestaltungselemente machen den OP-Bereich zum angenehmen Ort.
In der ersten bestandsnahen Raumschicht sind die Personalgarderoben und der Umbettbereich angeordnet: Hier werden die Patienten auf die OP-Platten gebettet. In der Mitte sind die Zonen gebündelt, in denen wichtige Utensilien gelagert und die Patienten für die OP vorbereitet werden. „Einleitung“ nennt man das im Fachjargon. Dieser Bereich ist von einem umlaufenden Gang umgeben, an den im Süden der Bestand, im Norden und Westen der L-förmige Zubau mit den sieben neuen OP-Sälen andockt. Außen umgibt sie ein steriler Versorgungsgang. Aufmerksame Details wie runde Blickfenster in den Nirosta-Türen zum OP-Saal, schimmernde Lichtlaternen und verschiedene Weißtöne schaffen eine freundliche Grundstimmung, die mikroperforierte Decke eine gute Akustik. „Der größte Stressfaktor ist der Lärm“, sagt Stefan Marte. „Deshalb haben wir auch die Wände zwischen den OP-Sälen gut isoliert.”
Weil der OP-Bereich im ersten Stock liegt, ist der Zubau auf V-Stützen aufgeständert, die paarweise gebündelt sind. So entsteht darunter ein gedeckter Freiraum, den die reflektierende, messingfarbene Untersicht in weiches Licht taucht. Vom davorliegenden Damm kann man wunderbar über die meditativ dahin fließende Ach blicken. Die Fassade des Zubaus harmoniert gut mit den zeittypischen braunen Paneelen des Bestands. Sie ist aus dunklem Streckmetall, dessen rautenförmiges Geflecht eine unterschiedliche Maschenweite aufweist. Das ist sehr wesentlich: So erhält der sterile Gang dahinter, an dem alle OP-Säle aufgefädelt sind, natürliches Licht, ohne dass man ihn einsehen kann. Im unteren Bereich verlaufen die Maschen sehr eng, sind also undurchsichtig. Weiter oben – im Blickfeld des medizinischen Personals – dehnt sich die Metallstruktur auf: So sieht man auch von innen die Ach. Für einen OP-Bereich
absolut sensationell.
„Wir wollten einen sympathischen OP-Bereich gestalten. Wir behandelten das Licht wie eine zusätzliche Farbe. Die Materialität ist in hohem Grad darauf ausgerichtet, ein Wohlfühlambiente zu schaffen.“








