Erfolg, der nach Fisch schmeckt

Die Vorarlbergerin Kadisha Belfiore ist Zoologin, Pädagogin und Kinderbuchautorin. Gemeinsam mit ihrer Kollegin und Freundin Isabella Rummel entstand „Der Streifentüpfelhai“.
Als die Naturwissenschaften laut wurden, verstummten die Geisteswissenschaften. Aber warum eigentlich? Es sind doch die Gegensätze, die sich anziehen und die zu spannenden Verbindungen verschmelzen. Erdbeeren mit Eis, Balsamessig und roter Pfeffer wären da so ein Beispiel. Oder Schokolade mit gebratenem Frühstücksspeck. Doch nicht nur beim Essen kann der Kontrast die Geschmacksexplosion auf der Zunge sein. Auch in der Wahl der Studiengänge beflügeln ungewöhnliche Kombinationen die Karriere. Kadisha Belfiore aus Lustenau, die an der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik, kurz BafEP genannt, maturierte, sah zuerst im Bachelorstudium Sprachkunst ihre Zukunft. Doch da war auch die große Liebe zu Tieren, der Wissensdurst um das Erforschen von Leben und das Engagement für die Hamsterhilfe und den Tierschutz. Soll das nur Hobby bleiben? Nein, dachte sich die junge Vorarlbergerin und begann mit den Naturwissenschaften zu liebäugeln. Biologie mit Schwerpunkt Zoologie war dann das Studium ihrer Wahl, das Belfiore mit dem Master in Verhaltens-, Neuro- und Kognitionsbiologie abschloss. Dass für ihren Traumjob ein „Sowohl-als-auch“ statt eines „Entweder-oder“ die perfekte Voraussetzung ist, ahnte die talentierte 32jährige damals noch nicht.
Über 10.000 Tiere.
Auch nicht, als Kadisha Belfiore sich im Haus des Meeres in Wien auf eine Stellenausschreibung bewarb: Guide für die zoopädagogische Abteilung gesucht. „Ausbildung im biologischen Bereich, Erfahrung in der Wissensvermittlung für Kinder und Erwachsene, Begeisterungsfähigkeit und, und, und . . .“ Dazu das Umfeld, ein Aqua Terra Zoo mit über 10.000 Tieren, die jährlich von 900.000 wissbegierigen Besuchern beobachtet und bestaunt werden.

Zebrahai mit Punkten.
Noch dazu stand ein großes Ereignis bevor. Das Haus des Meeres feierte seinen 65. Geburtstag. Dafür wollte sich Belfiore gemeinsam mit ihrer Kollegin und Freundin Isabella Rummel etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Etwas Ähnliches wie das japanische Kamishibai könnte es werden, doch eine große Frage war noch offen: welche Geschichte wollen wir erzählen. Sie soll zu den Tieren passen und das gewisse Etwas haben. Eine eifrige Suche begann. Die beiden durchforsteten Buchhandlungen und Bibliotheken, aber etwas Adäquates fanden sie nicht. Bis sie vor dem 360°-Hai-Aquarium im siebten Stock brainstormten. „Genau in diesem Moment schwamm Chanti, unser Zebrahai-Mädchen vorbei“, erzählt Belfiore schmunzelnd. Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Die Kinder wollen doch immer wissen, warum sie Zebrahai heißt, wenn sie keine Streifen, sondern Punkte hat!“
Gelungene Inszenierung.
Da war sie nun, die Idee für das Erzähltheater. Ein kleiner gestreifter Hai, gerade erst aus einem Ei geschlüpft, macht sich auf die Suche nach seiner Identität. Können ihm die anderen Meeresbewohner, wie Anemonenfische, Rotfeuerfische, Meeresschildkröten weiterhelfen? Zumal sich im Laufe seiner Reise auch noch das Aussehen verändert, denn aus den Streifen werden Punkte. Kann es sein, dass er ein „Streifentüpfelhai“ ist?
Aufgeschrieben von Kadisha Belfiore und illustriert von Isabella Rummel, entstand für den großen Tag eine Geschichte, die die kleinen wie auch großen Besucher begeisterte. „Wir gestalteten eine Klanggeschichte als Bilderbuchkino und bauten Orff-Instrumenten mit ein“, erzählt Belfiore. Erst da kam die Idee, Kontakt mit einem Verlag aufzunehmen. So erschien im Herbst 2023 das Bilderbuch „Der Streifentüpfelhai“, das die beiden Biologinnen, Pädagoginnen und Kunstschaffenden stolz auf der Buch Wien im November präsentierten. Mit einem Mal reichen sich Natur- und Geisteswissenschaften die Hand. Gegensätze haben Flügel verliehen und die Vielseitigkeit zum Erfolgsgeheimnis erhoben. Könnte wie Rollmops mit Marshmallows schmecken. Is(s)t aber viel, viel besser.
Text: Marion Hofer
Fotos: Dominik Moser/Haus des Meeres, Margarete Tischler Verlag, Dominik Moser, Haus des Meeres