Sulzberger haben “Loriotisches” bestens in Form gebürstet

Kultur / 23.04.2019 • 20:30 Uhr
Sulzberger haben "Loriotisches" bestens in Form gebürstet
Szene aus “Loriotisches” der Theatergruppe 6934 Sulzberg. VN/CD


Theatergruppe 6934 spielt Loriot mit erforderlichem Witz und Wissen.

Sulzberg Ein Sofa mit leichter Chippendale-Wölbung, ein Männchen mit Knollennase und Schmollmund, dazu Distinguiertheit, Anzug oder Kostüm: „Hollero di dudl jö“, wir sind in der Welt von Loriot. Jedem, der älter ist als zehn, 15 Jahre, ist sie ein Begriff, viele können Dialogteile aufsagen und wenn ein Bild auftaucht, auf dem sich zwei Herren in der Badewanne gegenübersitzen, dann kann es sich nur um Müller-Lüdenscheid und Dr. Kloebner handeln, die, alle wissen es, ein Quietschentchen am Wannenrand sitzen haben und gemeinsam abtauchen. An irgendetwas müssen sich auch noch so gestandene Mannsbilder offenbar messen und sei es nur darin, wer länger die Luft anhalten kann.

Loriot, alias Bernhard-Victor oder Vicco von Bülow (1923-2011) kannte seine Pappenheimer. Dem deutschen Humoristen kann kaum einer der Comedians das Wasser reichen, paarte sich bei ihm doch viel Witz mit mindestens so viel Wissen.

Enorme Herausforderung

Seine Sketche nachzuspielen, ist eine beliebte Aufgabe, aber auch eine enorme Herausforderung. Das Theater 6934 in Sulzberg hat sie angenommen, genau genommen mit einer zusätzlichen Hürde, nämlich äußerst kurzfristig. Leiterin und Regisseurin Elvira Bilgeri stand vor ein paar Wochen vor der Tatsache, das für den traditionellen Ostertermin schon geplante Projekt wegen Erkrankungen absagen zu müssen. Zu bemerken war der Stress nicht, im vollbesetzten Laurenzi-Saal konnte man eher feststellen, dass einige im Ensemble richtig erpicht darauf waren, die Typen einmal spielen zu dürfen. Zum Spaß hat sich offenbar akribische Arbeit gesellt, die dieses Amateurensemble wiederum auszeichnet. Die Pointen sitzen, der trockene Humor ist vom ersten Satz an da und bleibt es bis zum letzten in dieser Auswahl von insgesamt acht Stücken.

Dass die Maske Hervorragendes geleistet hat, muss zu Beginn der Aufzählung erwähnt werden. Da waren viele Föhnbürsten und Lockenwickler im Einsatz, man dachte an Brillen und Perlenketten und ließ wissen, dass die Sulzberger offenbar auch noch einen Fundus an Schlaghosen besitzen. Für die Geschichte von Lord und Lady Hesketh-Fortescue auf North Cothelstone Hall gebührt Gabi Hofer ein Master of TH, mit dem Ver- und Entkorken der Weinflaschen beim Vertreterbesuch, mit der Empörung über das zu harte Frühstücksei, mit dem Verhaspeln beim Lottogewinn, mit dem Contenance-Verlust beim Teilen des Kosakenzipfels oder mit dem Nachplappern der Lautfolge beim Jodeln haben sich wohl alle in das Gedächtnis der Zuschauer gespielt.

Humorvolle Entlarvung

Dabei ist das mit dem „Loriotischen“, das Co-Regisseur Tobias Bilgeri bei der Anmoderation so schön erklärte, ganz und gar kein sicherer Lacher.  Vicco von Bülow entlarvte Borniertheit, Standesdünkel, Rollenklischees bei allem Witz mit ungemein feiner Klinke. Dies gilt es auch zu verdeutlichen. Wenn im Spielwarenladen vor der Erläuterung des Spielzeugatomkraftwerks auch noch Waffen und Soldaten zu sehen sind, wissen wir, worauf er abzielte. Der da Zucht und Ordnung fordert, tritt ungemein spaßig auf, wenn Opa Hoppenstedt aber – wie wir von der Fortsetzung des gespielten Sketches wissen –, bedauert, dass es früher mehr Lametta gab, dann steht auch das Abgründige deutlich da, das die Sulzberger 6934-Truppe immer mitdachte, wenn sie aufdrehte, bis sich das Publikum vor Lachen kaum noch halten konnte. Von Claudia Mennel am Klavier wurde es stimmungsvoll heruntergeholt und von Szene zu Szene geführt.

Weitere Aufführungen am 26. und 27. April sowie am 1., 4. Mai (20 Uhr) und am 5. Mai (18 Uhr) im Laurenzisaal in Sulzberg.