Bedrückend, aber mit einer Prise Optimismus

Hana
Alena Mornštajnová
Wieser
344 Seiten
“Hana” ist raffiniert gebaut und bereits preisgekrönt.
Roman Ein Spritzkringel aus der besten Konditorei der Stadt, mit Zuckerguss und Eiercreme. Für Mira ist es eine harte Strafe, als sie zum Geburtstag ihrer Mama als einzige der Familie keine Nachspeise bekommt, weil sie ungehorsam war. Diese Ungehorsamkeit rettet ihr Leben. „Hana“, der dritte Roman der 1963 geborenen tschechischen Schriftstellerin, machte bei seinem Erscheinen 2017 in Tschechien Furore. Die Lektüre der deutschen Übersetzung der Slawistin Raija Hauck bestätigt: Mornštajnová ist mit ihrer Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, etwas Außergewöhnliches gelungen. Es beginnt mit einer rätselhaften Epidemie, die 1954 in einer mährischen Kleinstadt um sich greift. Als Ausgangspunkt wird ein Typhus-verseuchter Brunnen ausgemacht, aus dem jener Zuckerbäcker sein Wasser bezieht, bei dem Hana das Backwerk gekauft hat. Innerhalb weniger Tage ist die neunjährige Mira, die keinen Krümel vom süßen Gebäck bekam, Vollwaise. Um Mira kümmert sich zunächst eine befreundete Familie, was nicht lange gut geht. Da steht Miras seltsame, schweigsame Tante Hana vor der Türe. Sie holt ihre Nichte zu sich. Zu Hause scheint sie noch unglücklicher. Warum sie so seufze, fragt das Mädchen und erhält eine unerwartete Antwort: „Weil ich jetzt nicht mehr sterben kann.“
Familiengeschichte
In der Folge geht das Buch zurück in die 1930er- und 40er-Jahre. Es entwickelt sich eine Familiengeschichte, die von mit der Weltpolitik jener Zeit eng verwobenen Faktoren bestimmt wird: Die Deutschen drängen nach Tschechien, und die Familie muss entdecken, dass ein Umstand, der ihnen bisher nicht viel bedeutet hatte, zu einer Frage von Leben und Tod wird: Sie sind Juden. Die Familie verpasst den Zeitpunkt, zu dem Auswandern noch möglich gewesen wäre. Als sich alle Juden zum Transport melden müssen, wird Rosa, die jüngere Tochter, bei einer anderen Familie versteckt. Sie überlebt und bringt 1945 Mira zur Welt. Hana, die ältere Tochter, kommt nach Theresienstadt und später nach Auschwitz. Immer mehr versteht man, warum von Hana nur noch die gespensterhafte Hülle übrig geblieben ist. „Hana“ ist ein bedrückendes, ein trauriges Buch. Und doch schließt es mit einer kleinen Prise Optimismus. Mira wächst auf, kümmert sich um ihre Tante und bekommt selbst ein Kind. Hana, die noch immer keine Berührung ertragen kann, bekommt so etwas wie Ahnung davon, was Leben und Liebe bedeuten kann.