Ein Autor wie kein anderer

Kultur / 07.08.2020 • 17:54 Uhr
Jenseits der ErwartungenRichard Russo,DuMont, 381 Seiten 

Jenseits der Erwartungen

Richard Russo,

DuMont,
381 Seiten 

Das Hadern mit dem eigenen Schicksal hat immer Saison.

Romane Lincoln, Teddy und Mickey, drei Studienkollegen einer teuren Privatuniversität, treffen sich nach unzähligen Jahren wieder, um ihre Studienzeit Revue passieren zu lassen. Ort des Geschehens ist ein Ferienhaus an der noblen Südküste von Cape Cod in Massachusetts. Das Haus ist schon ziemlich abgelebt und erinnert an bessere Zeiten. Früher gab es hier öfters Partys und eine, an ihrem Studienende, die etwas ausuferte. Mit dabei war Jacy, eine Kollegin aus wohlhabenden Verhältnissen, deren Leben vorgezeichnet war. Die wollte noch einmal eine anständige Party steigen lassen, bevor es zur geplanten Hochzeit geht. Heute, ein halbes Leben danach, kreisen ihre Gedanken immer wieder um Jacy, nicht ohne Grund, denn nach der Party löste sich Jacy in Luft auf. Ein törichter Nachbar soll hier auch die Finger im Spiel gehabt haben. Gefühlt wurden die drei mit den Erlebnissen dieser Tage nie fertig. Warum ist Jacy wirklich verschwunden?

High Noon im Ferienparadies

Der Pulitzer-Preisträger schafft es auf wenigen Seiten, Charaktere zu entwerfen, die wirklich aus dem Leben gegriffen sind. Diese lässt er gekonnt durch den Roman marschieren, um zähneknirschend zu reflektieren. Welche Lebensentscheidungen waren die richtigen? Dramaturgisch lässt er die Geschichte von zwei der drei Freunde abwechselnd weitererzählen. Macht auch Spaß zu sehen, wie sie sich voneinander und von ihren Idealen entfernt haben. Ohne vordergründig auf Spannung zu machen, weiß Richard Russo mit „Jenseits der Erwartungen“ die Leserschaft an sich zu binden.

Blog-Literatur

Zu den neuen Stimmen am Literaturhimmel gehört Marius Goldhorn. Mit seinem Roman „Park“ beschreibt er einige Tage seines Protagonisten Arnold in Paris, der schlussendlich eine Freundin in Athen wiedertreffen soll. Eigentlich passiert in dem Roman nicht wirklich viel, was zugleich eine Chance ist, denn im Fokus steht nicht weniger als das Lebensgefühl der Generation WhatsApp. Ganz ungeniert werden hier Inhalte aus sozialen Netzwerken im O-Ton in den Text geschrieben, daneben streift der Autor durch Paris, macht da und dort eine interessante Entdeckung, die er in seine Betrachtungen münden lässt. Das klingt sehr unprätentiös und so ist es auch. Wäre der Roman nicht mit ein bisschen Inhalt ausgestattet, würde er auch als Online-Blog durchgehen. Sprachlich dürfte Goldhorn ziemlich viel egal sein, vielleicht ist es auch gezielt so gemacht, blöd eigentlich, dass die Dialoge austauschbar sind. Trotzdem klingt das nicht uncharmant. Inhaltlich muss man so eine gekonnte Fadesse erst einmal etablieren können, im Grunde eine starke Leistung.

Es empfiehlt sich den Roman wirklich ohne Vorurteil zu lesen. Launische Tageseintragungen, die die Oberfläche bespielen, sind allemal besser als ein gekünstelter Tiefgang. Viele Querverweise auf Musik und Film machen das Buch zu einem kurzweiligen Erlebnis für zwei Nachmittage. Dass es sich hier um eine weitere Facette der immer wieder totgesagten Pop-Literatur handelt, sollte noch erwähnt sein.

ParkMarius Goldhorn,Suhrkamp,178 Seiten

Park

Marius Goldhorn,

Suhrkamp,

178 Seiten