Die großen Stücke bleiben

Landestheater verschiebt kleine Produktionen und hat Pandemie-bedingt weniger Plätze.
Bregenz Die großen Sorgen bleiben, aber es können zumindest auch alle großen Produktionen gerettet werden. So lässt sich ein Gespräch der VN mit Stephanie Gräve, Intendantin des Vorarlberger Landestheaters, und Werner Döring, Geschäftsführer der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft (Kuges), vor Beginn der Spielzeit zusammenfassen. Sie beginnt heuer sehr früh, nämlich schon am kommenden Wochenende mit der Wiederaufnahme der Produktion „Hollenstein, ein Heimatbild“ nach einem Text von Thomas Arzt. Das Stück konnte im Frühjahr gerade noch uraufgeführt werden, bevor die Behörden die Schließung aller Theater anordneten. Die geplante Auseinandersetzung mit der Vorarlberger Malerin Stephanie Hollenstein (1886-1944) samt deren unkonventionellem Lebensentwurf bei gleichzeitiger Hinwendung zum Nationalsozialismus steht damit noch aus. Neben vier weiteren Aufführungen ist auch eine Dialogführung durch die Sammlung in Lustenau vorgesehen.
Obwohl es in Österreich grundsätzlich nicht verboten wäre, Aufführungen mit Pausen anzusetzen, will Stephanie Gräve das subjektive Sicherheitsgefühl ihres Publikums berücksichtigen und ließ auch dieses komplex gebaute Stück bis zur pausenfreien Spielbarkeit straffen. „Die räumliche Situation im Foyer ist eher ungünstig.“ Der organisatorische Aufwand, den das Team zu bewältigen hat, zieht sich hin bis zu den Mitarbeitern im Kartenverkauf. Rund 500 Plätze hat das Kornmarkttheater, etwa 300 wird man besetzen dürfen, denn auch im Herbst gilt die Pandemie-Regelung, dass zwischen Menschen, die nicht zusammenleben, ein Sicherheitsabstand von einem Meter gewahrt werden muss. Es bleibt somit immer wieder ein Sessel frei.
Verlustzahlen noch offen
Mit 600.000 Euro hat Werner Döring die Einnahmenverluste in der vergangenen Spielzeit beziffert, was bei einer höchstens 60-prozentigen Auslastung auf das Unternehmen zukommt, sei noch nicht in Verlustzahlen zu fassen. Wenn er derzeit in die Touristenströme in Bregenz eintaucht, habe er nicht den Eindruck, dass sich das Verhalten der Menschen durch Covid19 geändert hat, wie Theaterbesucher reagieren, das müsse allerdings erst beobachtet werden. Grundsätzlich herrsche in den Kuges-Betrieben die Überzeugung, dass mit großem Respekt auf die Gesundheit der Menschen geachtet wird. Döring geht zudem davon aus, dass die Abstandsauflagen für die gesamte Spielzeit gelten. Mit der Verantwortung, die die österreichischen Behörden den Theatern übertragen, die im Vergleich zu Deutschland auf den Bühnen mehr oder weniger alles zulassen, kann Stephanie Gräve leben. Alle ankommenden Künstler werden getestet, das Präventionskonzept steht, laufende Testungen sind wegen des finanziellen Aufwands allerdings nicht vorgesehen. „Woyzeck“, „Pünktchen und Anton“, „Geld, Parzival“ etc. bleiben; in der Box, wo nur 30 Besucher zugelassen sind, wurde der Spielplan reduziert und ein Stück von Werner Schwab gleich ins übernächste Jahr verschoben.
Rettungsfall Oper
Rund vier Millionen Euro erhält das Theater vom Land Vorarlberg. Die Intendantin gibt zu bedenken, dass die Summe nicht zur Gänze in den Spielbetrieb fließt, für das im Besitz der Stadt Bregenz befindliche Haus am Kornmarkt ist ein Pachtbetrag zu entrichten. Einen Vergleich mit den Häusern in der Bodenseeregion könne man nicht anstellen, das Theater Konstanz arbeite in etwa mit der doppelten Summe. Dem Landestheater in St. Pölten stünden beispielsweise etwa fünf Millionen Euro zur Verfügung, die Besucherzahl sei dort niedriger als in Bregenz, wo man vor der Pandemie rund 46.000 Theaterinteressierte zählte. Die Ausstattungskosten sind so gering bemessen, dass Gräve an sich nur an den Besetzungen sparen könne. Die Organisation der Opernproduktion gemeinsam mit dem Symphonieorchester Vorarlberg mache ihr ungemein viel Freude, um Projekte wie das vorgesehene Werk „Jephtha“ von Händel für die Zukunft zu retten, müsse man aber einmal über ein eigenes Budget für das Musiktheater sprechen dürfen. Genauso wie über die Sanierung des Hauses, die dringend ansteht, aber auch aufgrund der Besitzverhältnisse nicht geregelt ist.
„Von den vier Millionen Euro vom Land ist noch die Pacht für das Haus abzuziehen.“

“Hollenstein, ein Heimatbild”: 28., 29., 30. August und 5. September, 19.30 Uhr am Landestheater in Bregenz. Erste Premiere: “Bella Ciao” am 4. September.