Wo Erkenntnis fehlt, wiederholt sich die Geschichte

Ausstellung von Christoph und Markus Getzner im Haus 2226 von Baumschlager Eberle.
Lustenau Am Donnerstagabend eröffnet im Hauptquartier von Baumschlager Eberle Architekten in Lustenau eine Ausstellung, die den programmatischen Titel trägt: „Wo Erkenntnis fehlt, wiederholt sich die Geschichte in endloser Ähnlichkeit“. Hinter diesem vielschichtigen Satz stehen die Brüder Christoph und Markus Getzner, die seit 2004 gemeinsam an künstlerischen Projekten arbeiten und deren Haltung ebenso von Zurückhaltung wie von Offenheit geprägt ist. Beide Künstler sind bei der Eröffnung anwesend und geben Einblick in ihr Schaffen, das sich zwischen Malerei, Skulptur, Sprache und Raum entfaltet.

Christoph Getzner, 1960 in Feldkirch geboren, lebt und arbeitet in Wien. Er besuchte die Meisterklasse für Bildhauerei in Graz und ist seit 1988 Mitglied der Dombauhütte zu St. Stephan in Wien, wo er aus der Fülle mittelalterlicher Formen ebenso schöpft wie aus der handwerklichen Präzision, die dort gepflegt wird. Markus Getzner, 1965 in Bludenz geboren, lebt als Mönch in einem buddhistischen Kloster in der Schweiz. Er studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Arnulf Rainer und Bruno Gironcoli.
Die Brüder arbeiten meist räumlich getrennt, längere Zeiträume der Distanz wechseln sich mit konzentrierten Arbeitsphasen in Vorarlberg ab. Dieses Modell ermöglicht Eigenständigkeit und zugleich ein dialogisches Miteinander. „Wir diskutieren nicht endlos, wir machen einfach“, betonen sie – und doch ist der Austausch fließend: mal gibt der eine Rat, mal der andere, und so entsteht eine gemeinsame Sprache aus Bildern, Skulpturen und installativen Setzungen.

Während die Gemälde vor allem von Markus stammen, gilt Christophs Fokus den dreidimensionalen Arbeiten, den Skulpturen und Reliefs. Beide betonen die Unterschiedlichkeit der Prozesse: Ein Tisch ist schnell gezeichnet, aber ihn als plastische Form umzusetzen bedeutet Widerstand der Materie, bedeutet Zeit, Kraft und handwerkliche Erfahrung. Inspiration holen sie sich nicht nur aus der Natur und aus Textfragmenten, sondern auch aus der reichen Formensprache historischer Architektur.

Das Leitmotiv der Ausstellung ist Offenheit. Die Werke sind nicht darauf angelegt, Räume zu füllen oder zu dominieren, sondern lassen Luft, Durchlässigkeit, Zwischenräume. Auch die Sprache, die den Arbeiten zugrunde liegt, bleibt bewusst fragmentarisch: kleine Sentenzen, aphoristische Splitter, die wie poetische Chiffren funktionieren. „Verblassen des Glanzes“, „Kipppunkte sind irreversibel“, „Blinder Glaube an die Unerschöpflichkeit der Ressourcen“ – Sätze wie diese sind keine Titel, sondern Denkimpulse, die Offenheit erzeugen und den Betrachter in Bewegung setzen.

So ernst die Themen sind – Zerstörung, Vergänglichkeit, Bedrohung der Zivilisation –, so wichtig ist den Brüdern, dass Humor nicht fehlt. Ein verdeckter Humor, keine grelle Ironie, sondern eine feine Gegenstimme.
Hinter allem steht eine Haltung, die sich nicht festlegen lässt und die sich gegen Abgrenzung richtet. Unterschiedlichkeit wird nicht als Grenze, sondern als Bereicherung verstanden. Auch die Werke sollen so gelesen werden – nicht als geschlossene Systeme, sondern als offene Konstellationen, die jeder mit seiner eigenen Erfahrung betreten kann.

Etwa zwei Dutzend Positionen umfasst die Ausstellung, in unterschiedlichen Größen und Materialien. Der Raum selbst wird nicht verstellt, sondern in seiner Transparenz genutzt. Zwischen Boden und Längswänden öffnen sich Blickachsen nach außen, bewusst freigehalten, um die Verbindung von Kunst und Umgebung nicht zu unterbrechen.

Die Ausstellung zeigt die Handschrift zweier Brüder, die sich selbst zurücknehmen, um Sprache, Material und Raum in den Vordergrund zu stellen. Offenheit, Durchlässigkeit und ein leise Humor prägen die Arbeiten, die in Lustenau erstmals in dieser Konstellation präsentiert werden. Es ist eine Einladung, Fragmente aufzunehmen, Zwischenräume zuzulassen und im Schweben zwischen Ernst und Leichtigkeit eigene Resonanzen zu entdecken.