Träume und andere Absurditäten

Kultur / 04.09.2020 • 17:22 Uhr
Träume und andere Absurditäten

Neue Geschichten des österreichischen Autors Antonio Fian.

Erzählung Der Schlaf von Antonio Fian scheint nicht viel ruhiger geworden zu sein: Über drei Dutzend neuer Traumgeschichten finden sich in “Nachrichten aus einem toten Hochhaus”. Und wieder ist es höchst unterhaltsam, Fian dabei zuzuhören, wenn er quasi auf der Analysecouch davon berichtet, in seinen Träumen bekannten Kollegen von Josef Winkler bis Günter Grass in den absurdesten Situationen zu begegnen, von Josef Hader im Kaffeehaus aufgeregt den genialen Titel seines neuen Kabarettprogramms verraten zu bekommen (“Husten, Schnupfen, Heiterkeit”), oder bei Lesungen mit gänzlich Unerwartetem wie der Dauer-Beschallung durch ein Radio, das den “Anschluss an die Finanzmärkte” garantiere und daher nicht abgeschaltet werden dürfe. Doch auch Visionen eines Überwachungsstaats oder Variationen von Familienkonflikten begegnen einem in Fians Träumen, der tote Kurt Waldheim, der noch immer nichts als seine Pflicht getan haben will, und manche Absurdität, die einem aus dem eigenen Leben nur allzu bekannt vorkommt. Und man entdeckt, dass in dem Autor offenbar ein verhinderter Schauspieler steckt: Einmal gewinnt er als Hauptdarsteller in einem Kostümfilm auch privat die Gunst seiner schönen Filmpartnerin, ein anderes Mal spielt er am Wiener Volkstheater: “Die Direktion hatte aus Einsparungsgründen zahlreiche Rollen statt mit Schauspielern mit in ihren Gagenforderungen wesentlich bescheideneren Schriftstellern besetzt.”

Die titelgebende Erzählung “Nachrichten aus einem toten Hochhaus” führt am Ende dann in die südungarische Stadt Pecs, wo Fian im März 2015 einen Monat zu Gast sein durfte. Während ihm andere Verpflichtungen wie eine anschließende Poetikvorlesung in Klagenfurt über den Dichter Werner Kofler gedanklich immer wieder in die Quere kommen, stellt er verwundert fest, dass offenbar jedes zweite Haus der Stadt zum Verkauf steht. Fazit: Nicht alles ist nur geträumt.

“Nachrichten aus einem toten Hochhaus”, Antonio Fian, Droschl, 116 Seiten.