Krawumm, das fährt aber ein

Kultur / 08.10.2020 • 22:14 Uhr
Bianca Selle und Lisa Suitner in „Kazoom“, einem Stück für Nichtschwimmer, aber Scharfdenker im Alten Hallenbad, das am Donnerstagabend Premiere hatte. Stefanie Momo Beck
Bianca Selle und Lisa Suitner in „Kazoom“, einem Stück für Nichtschwimmer, aber Scharfdenker im Alten Hallenbad, das am Donnerstagabend Premiere hatte. Stefanie Momo Beck

Lisa Suitner und Bianca Selle agieren zwar ohne Worte, erzählen aber wunderbar.

Feldkirch Krawumm, Zack oder Zisch – verpönt sind solche Begriffe schon lange nicht mehr, die Comicsprache hat längst Platz in der Literatur gefunden, Autoren von Graphic Novels haben ihr ebenso Qualität verliehen wie Dramatiker, die ganz ohne Sprache auskommen. Thomas Welte, Autor, Theater- und Filmemacher sowie Leiter des Bühnenunternehmens Shakespeare am Berg, ist so ein Stummfilmbegeisterter, der weiß, wie man das Genre ohne Blessuren ins 21. Jahrhundert bringt. Mit Rebecca Selle, mit der er schon so manchen Klassiker neu interpretierte, und Lisa Suitner hat er nun Gleichgesinnte gefunden, mit denen das Projekt „Kazoom“ auf den Weg geschickt wurde. So nennt sich das Ensemble und so heißt auch das erste Stück, dem man später, in Anlehnung an die Marx Brothers, dann einfach nur Zusatztitel oder Zahlen zu verleihen braucht. Zu hoch gegriffen ist das nicht. Suitner, Selle und Welte ist sichtlich nicht nur viel Können, sondern auch Selbstironie eigen, und dass der Autor ein Stummfilmfan ist, das spürt man im selben Moment wie die vielfältigen musikalischen Fähigkeiten der beiden Schauspielerinnen und Clownfrauen deutlich werden.

Lustiger Geschlechterrollentausch

„Kazoom“ darf man nämlich nicht nur auf die Comicsprache beziehen, sondern auch auf das kleine Membranophon Kazoo, das laufend zum Einsatz kommt. Allein hier, bei der Handhabung dieses etwa fingergroßen Instruments, zeigen sich schon die Feinheiten, die „Kazoom“ so hohe Qualität verleihen. Tonfärbung und Tempo sind so gesetzt, dass sich der Einsatz nie aufs Gehör schlägt. Wie auch, Suitner und Selle agieren weiters mit einem großen Instrumentarium, das über die Tastenklimperei hinaus bis zu Geige und Fagott reicht. Und der Inhalt selbst? Hallo, der geht erst richtig ab. Dass ein Röhrenfernseher nostalgische Gefühle weckt, ist selbstverständlich absolut gewollt. Dass die Geschichte, die sich um ihn als Gerät dreht, das dann zum Einsatz kommt, wenn es gilt, die Kinderschar bequem ruhigzustellen,  das später aber Entsorgungsprobleme mit sich bringt, ungemein vielschichtig, witzig, herzerweichend und zugleich unerhört wird, führt zum Kern des Ganzen. „Der Clown hat viele Facetten“, meint Lisa Suitner im Gespräch. Dass er dem Publikum Fantasieräume öffnet und dem Autor die Möglichkeit bietet, Geschlechterrollen höchst kreativ in Frage zu stellen, ist das zusätzlich Schöne an „Kazoom“. Noch weitere Punkte entdecke und genieße man am besten selbst.

Weitere Aufführungen von “Kazoom” im Alten Hallenbad in Feldkirch am 9. Oktober, 19 Uhr; am 10. Oktober um 15 und 19 Uhr sowie am 11. Oktober um 17 Uhr.