20 Jahre unbeirrte Arbeit

Kultur / 01.11.2020 • 10:59 Uhr

Bei uns war lange Zeit vor allem seine Schwester bekannt, die Schriftstellerin Grete Gulbransson (1882 – 1934). Sie wurde als eine Art Heimatschriftstellerin, als „Haldagretli“ von der Bludenzer Halde, gesehen. Gelesen wurde nahezu ausschließlich ihr Erinnerungsroman „Geliebte Schatten“, der 1995 (nach der Erstauflage 1934) in Bregenz erschien. Weniger ins allgemeine Bewusstsein gekommen sind ihre Tagebücher, die seit 1998 – im Besitz des vorarlberg museums – von Ulrike Lang vom Innsbrucker Brenner-Archiv herausgegeben werden. Dabei hätte man allein durch ihre Heirat mit Olaf Gulbransson, dem großen Zeichner des Satiremagazins „Simplicissimus“, wissen können, dass das „Haldagretli“ nicht nur lieb war. Noch mehr unbeachtet und vor allem unterschätzt blieb lange Zeit ihr Halbbruder Norman Douglas (1868 – 1952), Sohn von John Sholto Douglas, der in Vorarlberg nahezu ausschließlich über den Titel „Wieder im Walgau“ (Originaltitel „Together“, erschienen 1923) bekannt war.

Das änderte sich nicht schlagartig, aber doch im Laufe der Zeit durch die unbeirrte Arbeit, die seit 2002 an der damals gegründeten Norman-Douglas-Forschungsstelle an der Vorarlberger Landesbibliothek durch ihren Leiter Wilhelm Meusburger geleistet wurde. Alle zwei Jahre wurden in Bregenz und der Villa Falkenhorst in Thüringen, wo Douglas aufgewachsen war, internationale Symposien abgehalten, zu denen auch jeweils eine Dokumentation vorgelegt wurde. Das 11. Symposion fiel in diesem Jahr Corona zum Opfer, die dafür geplanten zwölf Beiträge sind nun aber doch im üblichen Sammelband (Wolfgang Neugebauer Verlag, Düns/Feldkirch) erschienen. Zwei Jahrzehnte Douglas-Forschung haben das Bild des Dichters auch bei uns geändert, sie haben einen der international bekannten und auch geschätzten Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Bewusstsein gebracht.

Zwei Jahrzehnte Douglas-Forschung haben das Bild des Dichters auch bei uns geändert, sie haben einen der international bekannten und auch geschätzten Schriftsteller der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Bewusstsein gebracht.

Douglas genoss in England seine Ausbildung, ging dann in den diplomatischen Dienst, um sich schließlich in Italien, in Capri, niederzulassen. Dort ist er begraben, dort wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Der Großteil der Werke von Norman Douglas ist nur auf Englisch erschienen, nur wenige wurden ins Deutsche übersetzt. Aber immerhin 27 Publikationen über und von Douglas wurden von der Forschungsstelle unter Wilhelm Meusburger herausgebracht. Mehr wird es nicht mehr werden, denn Meusburger tritt in Kürze seine Pension an – und es deutet nichts darauf hin, dass es noch einmal so einen „Wahnsinngen“ gibt, der sich dieses Themas in dieser Intensität annehmen könnte.

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.