John le Carré, brillanter Beobachter der Gesellschaft, gestorben

London Mit Trauer und Bestürzung hat die literarische Welt auf den Tod von John le Carré reagiert. Der weltberühmte Autor zahlreicher Spionage-Romane starb im Alter von 89 Jahren. Die kanadische Booker-Preis-Trägerin Margaret Atwood zeigte sich „sehr betrübt“ und lobte le Carrés Bücher als „Schlüssel zum Verständnis der Mitte des 20. Jahrhunderts“. Auf Deutsch erscheint sein Werk bei Ullstein. Verleger Karsten Kredel erklärte, le Carrés Romane seien nicht nur Meisterwerke der Spannung und der psychologischen Figurenzeichnung, sondern auch Bücher über die zwei deutschen Nachkriegsstaaten, die wie kaum andere die atmosphärische Beklommenheit in der Zeit des Kalten Krieges und dessen Nachwirkungen hinein in die Gegenwart erfasst haben. Le Carré, der mit bürgerlichem Namen David Cornwell hieß, galt auch als scharfer Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen, der sich häufig zum Weltgeschehen äußerte. Mit deutlichen Worten kritisierte er den Irak-Krieg im Jahr 2003, die populistischen Bewegungen in Polen und Ungarn und die Politik von US-Präsident Donald Trump. Auch gegen die britische Regierung sparte er nicht mit Kritik.
Agent für den britischen Geheimdienst
Er hatte Germanistik studiert und arbeitete nach kurzer Tätigkeit als Lehrer als Agent für den britischen Geheimdienst. Er wurde zuerst im Inland eingesetzt, war aber später auch als Diplomat in Bonn und Hamburg tätig. Währenddessen fing er an zu schreiben; mit „Der Spion, der aus der Kälte kam“ schaffte er den Durchbruch. Der Fall des Eisernen Vorhangs veränderte le Carrés Blickwinkel: Seine Bücher handelten nun von Waffenhandel, Machenschaften von Pharma-Konzernen, dem Krieg gegen den Terror oder der russischen Mafia. Seinen letzten Roman „Federball“ (2019) schrieb der Brexit-Gegner unter dem Eindruck des Votums der Briten zum EU-Austritt.