Bildung doch nicht für alle
Zu unserer Jugendzeit, in den siebziger Jahren, kam es zu einer Bildungsexplosion. Bruno Kreisky hatte zu seinem politischen Credo erhoben, dass möglichst viele junge Menschen einen möglichst hohen Ausbildungsstand erreichen sollten. Österreich hinkte damals – wie übrigens heute wieder – im Ausbildungsgrad der Menschen international hinterher. Kreisky führte mit Unterrichtsminister Fred Sinowatz und Wissenschaftsministerin Herta Firnberg gratis Schulbücher und freie Schulbusse ein, schaffte Studiengebühren ab, setzte Stipendien für Studierende ein, die den Namen auch verdienten, weil sie doch einen erheblichen Teil des Studiums finanzierten. Es kam, kurz gesagt, Schwung in die Bildungspolitik, und plötzlich war auch Menschen aus schwierigen finanziellen Verhältnissen oder auch Werkstudenten ein Studium möglich. Es gab eine Art Goldgräberstimmung an den Schulen und Universitäten.
Damit ist es längst vorbei. Die Universitäten sind inzwischen chronisch unterfinanziert, es fehlt Geld für Lehrende und Lernende, für Forschung und Lehre. Die Stimmung an den höchsten Ausbildungsstätten des Landes ist entsprechend. Und nun will die Regierung auch noch eine Unireform, die sonst niemand will, um „den Studierenden dabei zu helfen, ihr Studium von Beginn an gut zu planen und es auch in der Regelstudienzeit abschließen zu können“. Doch – entgegen der Meinung der Regierenden – wird das neue Gesetz, für das gestern die Begutachtungsfrist endete, keine Verbesserung, sondern vielmehr eine Verschlechterung für die Studierenden bringen.
Nicht nur Studentinnen und Studenten kritisieren die geplanten Neuerungen, sondern etwa auch die Arbeiterkammer: „Viel wichtiger wären Maßnahmen für eine Verbesserung der Studienbedingungen, insbesondere für jene, die sich ein Vollzeitstudium nicht leisten können.“ Das ist ein zentraler Vorwurf auch der Studenten: Ein erheblicher Teil der Studierenden muss neben der Uni auch noch arbeiten, um sich überhaupt ein Studium leisten zu können. Zudem seien immer mehr Studierende Mütter und Väter, sie hätten Kinder in einem Alter, das Betreuung erfordert. Eine ausschließliche Konzentration auf das Studium sei unter solchen Umständen nicht möglich – und das sei im neuen Gesetz nicht berücksichtigt. Die Protestbewegung gegen das neue Gesetzt – „Bildung brennt“ – meint: Nur ein freier Bildungszugang könne eine „befreite, offene, kritische, solidarische, respektvolle und vielfältige Gesellschaft schaffen“. Genau so ist es. Die Regierung sollte also noch einmal über das neue Unigesetz nachdenken.
„Die Universitäten sind inzwischen chronisch unterfinanziert, es fehlt Geld für Lehrende und Lernende, für Forschung und Lehre.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
Kommentar