Vier Nächte, zwei Bücher
Vier Nächte, zwei Bücher, eine Vorarlberger Autorin – Monika Helfer, ein Vorarlberger Autor – Reinhold Bilgeri. Das war meine feine Leseerfahrung der letzten Tage. Beide Bücher sind erst in diesen Tagen erschienen, trotzdem haben beide schon erstaunliches Presseecho gefunden. Die Gründe sind einfach: Monika Helfer hatte mit ihrem letzten Roman „Die Bagage“, der vor einem Jahr erschienen ist, einen ganz unglaublichen Erfolg – auch Verkaufserfolg – erzielt, sie war in fast allen Literatursendungen zu Gast, stand auf allen wesentlichen Bestsellerlisten bei den wichtigsten deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften wochenlang in vordersten Rängen. Also stieß auch der neue Roman „Vati“ (Hanser Verlag), eine Fortsetzung des vorigen, auf besonderes Interesse. Bei Reinhold Bilgeri – übrigens seit Jahrzehnten eng befreundet mit Monika Helfer und ihrem Mann Michael Köhlmeier – verhält es sich etwas anders. Er machte internationale Karriere als Rocksänger, wechselte als Regisseur und Produzent ins Filmfach und legte 2005 seinen ersten Roman, „Atem des Himmels“, vor. Entgegen vielen Unkenrufen, die Bilgeri nicht als Autor sehen wollten, wurde diese Geschichte über den Lawinenwinter im Großen Walsertal im Jahre 1954 ein wirklicher Erfolg – natürlich auch, weil es schlicht ein guter Roman war. Mit „Die Liebe im leisen Land“ (Amalthea Verlag) hat Bilgeri nun auf das aktuellste Ereignis, die Corona-Krise, reagiert.
Eigentlich sind beide Bücher keine Romane, sondern Novellen. Und die Novelle, also die kurze Erzählung, ist mir allemal noch eine der liebsten literarischen Formen, nicht zuletzt, weil man sie in einem Zug, also in ein, zwei Tagen oder Nächten, lesen kann.
Manche Situationen in Monika Helfers „Vati“ kennen wir aus dem ersten Buch, ist der Vater doch Teil der Bagage, der Familie. Viel ist von der glücklichen Kindheit auf der Tschengla die Rede, viel von der Bewunderung für den klugen, belesenen Vater, für den Bücher überhaupt das Wichtigste sind. Bücher sind sein Schicksal, meist im Guten, aber auch im Schweren, sie führen zu einem Suizidversuch und schließlich auch zum Tod. „In Wirklichkeit wissen wir gar nichts über ihn“, meinen die Schwestern am Ende. Bei Reinhold Bilgeri zweifelt im großen, dank Corona leeren New York der österreichische Journalist Tom an seiner Ehe mit der Amerikanerin Amy. Er ist sich ihrer nicht mehr sicher, steigert sich hinein, holt sich wieder heraus. Beiden helfen Gedichte von Arthur Rimbaud. Und ganz am Ende klärt sich die Zukunft. Beide Bücher sind gut zu lesen, Novellen eben, beide sind nicht ohne Pathos. Ich mag das – und hatte wunderbare Lesenächte.
„Beide Bücher sind gut zu lesen, Novellen eben, beide sind nicht ohne Pathos. Ich mag das – und hatte wunderbare Lesenächte.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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