Eine Spekulation, die ­unseren Raum auffrisst

Kultur / 05.03.2021 • 19:10 Uhr
Haus Am Brand mit Angstblüte von Uwe Jäntsch.

Haus Am Brand mit Angstblüte von Uwe Jäntsch.

Uwe Jäntsch hat eine Botschaft, er vertraut aber der Kraft der Kunst und bleibt auch im Bregenzer Kollektiv spielerisch.

Bregenz Es war nicht der Prachtteil von Venedig oder gar ein Pavillon in den Giardini, den Uwe Jäntsch bei der 53. Biennale bespielte. Wie abgewirtschaftet wird, hat der Vorarlberger Künstler dort dargestellt, wo es ins Auge springt und emotional berührt, in aufgelassenen Industrieruinen im Hafengebiet. Dort ließ er eine Stadt entstehen – kleinteilig mit Einkaufsladen und Apotheke, aber auch mit den Zeugnissen von Kommerz und Ressourcenverschwendung. Der Auftritt bei einer der weltweit bedeutendsten Ausstellungen erfolgte vor rund zehn Jahren, damals war Jäntsch, für den der Begriff bedeutend wenig Wert hat, schon in Palermo zu Wege, belebte mit Farbe und Pinsel ein heruntergekommenes Viertel. Der Vereinnahmung durch Designer, die den Shabby Chic entdeckten, entzog er sich mit mutigen Statements, die aneckten.

Dass er einer Einladung des in der Bregenzer Maurachgasse situierten Vereins Kollektiv nicht derart folgt, dass er dort bildnerische Arbeiten präsentiert, war anzunehmen. “Ein Immobilienbüro mache ich euch, so ein richtig schönes, fettes Teil stell ich in die ehrgeizige Landeshauptstadt”, heißt es in den einsehbaren Projektunterlagen. Am Freitagabend ging es los – selbstverständlich bei Beachtung des Veranstaltungsverbots – und ab Samstag und bis auf unabsehbare Zeit bleibt die Intervention im Stadtzentrum.

Wie die Umgebung wirkt

“Bei der Frage, was die Leute einmal abgesehen vom Virus im vergangenen Jahr hauptsächlich bewegt hat, kommt man relativ rasch auf Immobilien”, erklärt er seine Entscheidung im Gespräch mit den VN. Im Bereich der Kunst gehe es zwar auch um Spekulation, was die Immobilien betrifft, habe sie aber in einem so enormen Ausmaß zugenommen, dass nahezu jeder davon betroffen ist. Vor Jahren hatte Jäntsch in Bregenz ein vor dem Abriss stehendes Gebäude mit einer Angstblüte versehen. Auf einfach berührende Zugänge setzt er immer noch, wenn er den Werbespruch eines Bauunternehmers “Wir kaufen ihr Grundstück” zum Tafelbild macht. Das lässt reflektieren. Etwa über Gleichförmigkeit der Architektur, über Materialien und das, was die Umgebung aus Menschen macht. Die Themen sind nicht neu, aber regen an, weil Jäntsch das Spielerische beherrscht und auf die Kraft der Kunst vertraut.

„Der Abriss von Häusern ist mittlerweile zu einem lukrativen Geschäft geworden.“

Die Arbeiten sind nur von außen zu betrachten.

Die Arbeiten sind nur von außen zu betrachten.

Der Kulturverein Kollektiv wird zum Immobilienbüro.

Der Kulturverein Kollektiv wird zum Immobilienbüro.

Eine Spekulation, die ­unseren Raum auffrisst

“Ein richtig schönes fettes Teil.”

Zur Person

Uwe Jäntsch

Geboren 1970 in Wasserburg, aufgewachsen in Bregenz

Wohnort Lochau

Ausbildung begonnenes Kunststudium und autodidaktische Ausbildung

Laufbahn mehrere Jahre Freilichtmuseum in Palermo, Beitrag bei der 53. Biennale in Venedig, sein Werk umfasst Malerei, Skulptur, Film, Publikationen sowie Installationen und Interventionen im öffentlichen Raum, zuletzt etwa zu 750 Jahre Schwarzenberg

Die Ausstellung ist so konzipiert, dass sie ausschließlich von der Straße aus zu betrachten ist. Adresse: Maurachgasse 1, Bregenz. Das Ausstellungsende ist offen.