Die Entsolidarisierung im Fokus

Das Theater Unpop (Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung) eröffnet die Saison.
Ensemble Unpop legt wieder los. Caro Stark hat die Bilder für das Köck-Stück entworfen.
dornbirn Die Landvermessung ist ein starkes Sujet in der Literatur. Am bekanntesten ist es wohl durch den nicht ans Ziel kommenden Protagonisten in Kafkas Romanfragment „Das Schloss“. Thomas Köck, ein Dramatiker aus Oberösterreich, dessen Stücke unter anderem am Schauspielhaus Wien uraufgeführt wurden und über die Gastspiele der Theaterallianz auch ans Theater Kosmos nach Vorarlberg kamen oder von dem etwa der Bregenzer Philipp Preuss am Schauspiel Leipzig das Werk „atlas“ uraufgeführt hatte, schickt eine Landvermesserin in eine verschneite Gegend. Es ist die Zeit um 1918/19, in der sich die Landkarte Europas radikal verändert hatte. Die Gründe sind bekannt, die allgemeine Kriegswut hat gerade ein paar Millionen Opfer gefordert und die Grenzen müssen neu gezogen werden.
Europa damals und heute
Schon die Ausgangslage enthält somit einige Brisanz. Ob wir uns wirklich in der Zeit nach dem Zerfall der Monarchie befinden oder ob der Titel „dritte republik“ nicht auf den Godfather of Populism gemünzt ist, wie Stephan Kasimir, Leiter des Ensembles für unpopuläre Freizeitgstaltung (kurz: Unpop), Jörg Haider nennt, das bleibt offen. Allein diese Fragestellung hat sein Interesse und das von seiner Kollegin Caro Stark derart geweckt, dass sie bei der Programmgestaltung an dem Stück festhielten, dessen Österreich-Premiere kurz vor dem Corona-Lockdown im Herbst im Schauspielhaus Graz stattfand. Wer Unpop kennt, der weiß, dass man grundsätzlich nach Gegenwartsautoren Ausschau hält. Ausnahmen gibt es nur, wenn die Umsetzung eines Klassikers gar so attraktiv scheint. So geschehen mit Ionescos „Die Stühle“ und zuletzt bei Becketts „Endspiel“, das man gemeinsam mit dem Dornbirner Theater Wagabunt umsetzte. Zwischen dem Europa von damals und dem von heute sieht Kasimir unweigerlich Parallelen, Köck berühre in „dritte republik“ eine Reihe von Themen. Dass die Landvermesserin, der mehrere Figuren begegnen, hier aber zu sich selbst findet, sich vom Geschehenen loslösen kann, das habe ihn besonders berührt.
Nach einem zentralen Thema gefragt, wird Caro Stark, die die Ausstattung entworfen hat, deutlich. Den Neoliberalismus und vor allem die Entsolidarisierung sieht sie als Problemfelder, die unsere momentane Regierung noch verschärfe. Eine dichte Atmosphäre zu schaffen, die die Besucher mitnimmt, war ihr bei diesem Stück besonders wichtig. Bevor Caro Stark gemeinsam mit Stephan Kasimir vor ein paar Jahren das Ensemble Unpop gegründet hat, war sie unter anderem am Landestheater in Linz tätig. Ursprünglich hat sie Metallbildhauerei studiert.
Zwei Stücke im Jahr
Der Ort von Unpop ist die Hinterbühne des Kulturhauses in Dornbirn. Technisch hat Caro Stark hier viele Möglichkeiten, es werden lediglich keine Bühnenbilder geplant, die eine längere Aufbauzeit benötigen, weil das Haus im Normalfall sehr oft bespielt wird. In der Pandemie-Zeit gibt es diese Auflagen nicht, allerdings eine Beschränkung der Besucherzahl. Diese wirkt sich zwar ungünstig auf die Einnahmen aus, heuer dennoch ambitioniert ein zweites Stück produzieren zu können, davon gehen Stephan Kasimir und Caro Stark aus.
„Erkennbare Personen anzudeuten ist immer schwierig. Hier hat es aber gepasst.“


Premiere von “dritte republik (eine vermessung)” am 1. April, 18 Uhr, im Dornbirner Kulturhaus. Weitere Aufführungen am 2., 3., 7., 8. und 9. April: www.unpop.at