Mit Leichtigkeit und der Botschaft des Lichts

Der Annenaltar von Wolf Huber im Dom zu Feldkirch ist ein Schatz der sakralen Kunst mit einer spannenden Geschichte.
Feldkirch Im Juli 1953 sorgte ein besonderer Fund für Furore: Der Landeskonservator Erwin Heinzle findet die lange verschollenen Flügel des berühmten Annenaltars von Wolf Huber im Dachboden des Klosters Riedenburg in Bregenz. Wolf Huber gilt neben Albrecht Altdorfer als der bedeutendste Künstler der Donauschule. Um 1485 in Feldkirch geboren, ist er seit 1510 in Passau tätig, wo er als Hofmaler des Bischofs sowie als Stadtbaumeister Karriere macht.
Die Feldkircher Annenbruderschaft erteilt 1515 an Huber den Auftrag, einen Annenaltar zu fertigen, wobei das Bildprogramm in einem Vertrag exakt festgelegt wird. 1521 wird er nach Feldkirch geliefert und kommt im heutigen Dom zur Aufstellung. Jahrhunderte später, 1827 wird der ursprünglich freistehende Altar im Zuge einer Renovierung des Domes auseinandergenommen und aufgeteilt. Dabei gehen die Altarflügel verloren.
In den 1950er Jahren möchte das Kloster Riedenburg jedenfalls die wiederentdeckten wertvollen Bildtafeln möglichst an den Meistbietenden verkaufen. Um sie vor einem Verkauf ins Ausland zu bewahren, verhängt das Bundesdenkmalamt ein Ausfuhrverbot. Emil Bührle, der Schweizer Besitzer der Werkzeug-Maschinen-Waffen Fabrik Oerlikon in Zürich, erwirbt die Tafeln trotzdem und stellt sie dem Kunsthistorischen Museum in Wien als Dauerleihgabe zur Verfügung.
Wiedervereinigung
„Am 1. Dezember 1996 durfte ich das Amt des Dompfarrers in Feldkirch antreten“, schreibt Bischofsvikar Rudolf Bischof über Verlust und Zusammenführung des Altars: „Der Dom war düster, aber ein Leuchtpunkt war der Annenaltar. Allerdings nahmen ihm die schweren Seitenflügel aus dem 19. Jahrhundert seine Leichtigkeit und Botschaft des Lichts, das uns durch Geburt und Auferstehung Jesu geschenkt wurde. So entstand eine sicher unerfüllbare Sehnsucht, dass diese Flügel wieder zurückgeführt würden.“ Bischof gelingt es 2006, Hortense Anda-Bührle mit seiner Begeisterung für eine Wiedervereinigung der Flügel mit dem Altar an seinem ursprünglichen Standort im Dom in Feldkirch zu gewinnen.
Natur und Raum
Der Annenaltar stellt ein bedeutendes künstlerisches Zeugnis einer Epochenschwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit dar, die von Humanismus und Reformation geprägt ist. In der Kunst ist es die Zentralperspektive, die nun den Blick der Menschen auf die Welt bestimmt. Auch die Malerei von Wolf Huber greift sie auf und stellt sie auf wunderbare Weise im Mittelbild des Altares, der Beweinung Christi, bildmächtig um. Die Betrachter blicken auf das vom Evangelisten Johannes beschriebene Geschehen, welches in dieser Zusammenstellung zum Bildkanon der Europäischen Kunstgeschichte gehört. Im oberen Teil aber eröffnet sich eine weite Landschaft, die detailliert und fein gezeichnet, eine neue künstlerische Auffassung von Natur und Raum repräsentiert. Wolf Huber wird zur Donauschule gezählt, ein kunsthistorischer Begriff, der eben von dieser besonderen Gewichtung auf die Landschaft und ihrer virtuosen Darstellung gekennzeichnet ist. sab
Am 20. Mai wird die Ausstellung zum Annenaltar im Palais Liechtenstein in Feldkirch mit einem Vortrag von KHM-Generaldirektorin Sabine Haag eröffnet.