Das KUB wird zur Erfahrungssammlungskammer

Pamela Rosenkranz subsumiert im Kunsthaus vielfältige Themen, die sich als Angebot für die Besucher ausnehmen.
Bregenz Im Sommer 2015 sorgte Pamela Rosenkranz für lange Warteschlangen vor dem Schweizer Pavillon auf der Biennale Venedig. Endlich eingelassen, umgab einen im Vorraum sattes, über Licht vermitteltes Grün und am Ende leicht blubbernde Hautfarbe. In einem Becken wurde die dickflüssige Suppe gesammelt, die angeblich jenem Farbton entspricht, der sich beim Zusammenfließen der Pigmentierungen der europäischen Bevölkerung ergibt. Sinnliches Erleben wurde durch eine olfaktorische Wahrnehmung unterstrichen.

Abgesehen davon, dass die Architektur von Peter Zumthor ein besonders gut geeignetes Trägermaterial ist, um die Auseinandersetzung von Pamela Rosenkranz mit Farben und deren Wirkung auf den Menschen mit einem Strahlen anzukünden, umfängt einen im Kunsthaus fast sieben Jahre später ein ähnliches Moment. Mit „House of Meme“ betitelt, wird an diesem Freitag eine Ausstellung mit einer pandemiebedingt relativ kurzen Vorlaufzeit eröffnet. Gleich mehrere Stockwerke zu bespielen, stellt sich als große Herausforderung dar, die Themen von Rosenkranz, die sich mit physikalischen, psychologischen, chemischen oder ökonomischen Faktoren ebenso beschäftigt wie mit der über unsere Evolution geprägten Wahrnehmung, sind vielschichtig, die Artefakte, die sie dafür anbietet, gleichen einander. Und wenn KUB-Direktor Thomas D. Trummer den Nebel, der in einem Raum wabert auf jene Aerosole bezieht, mit denen wir uns von Corona geplagt seit einem guten Jahr auseinandersetzen müssen, stellt sich die Frage, ob der KUB-Besucher auch gewillt ist, eher banale Schlüsse zu ziehen.
Wahrnehmung
Vielleicht versucht man sich über den Titel anzunähern. Der Begriff „Meme“ taucht in der Internet-User-Sprache auf und deutet im Grunde auf etwas Nachgeahmtes. Rosenkranz bedient sich in der digitalen Bilderwelt, wenn sie auf die Wirkung von Landschaftsaufnahmen anspielt. Kranke würden rascher gesunden, wenn sie auf Bäume blicken, egal ob diese ein Fake sind. Ihre Urwälder und Aufnahmen von menschlichen Augen überzieht sie mit einer künstlichen, pinkfarbenen Schicht. Ob es Zivilisationsmüll ist, der durchaus ästhetisch wirkt, oder ob es eine Ansammlung von Körperflüssigkeit ist, deren Schlieren beim Auftragen auf Spiegelflächen wiederum zu etwas Objekthaftem werden, sei dahingestellt. Wasser reflektiert farbiges Licht, mit dem die Künstlerin die Möglichkeiten der LED-Technik ausreizt, genauso schön wie Plastikfolien. Schon vor der Geburt mit der schönen Farbe Blau konfrontiert, sind wir alle irgendwie Opfer der Wahrnehmung und der Konnotierungen.

Wie viel Behagen eine gotische Fensterform und wie viel Unbehagen eine Schlange auslöst, deren Bewegungen hier über unsichtbare Signale der Besucher ausgelöst werden, führt auch in den Bereich der Anthropologie. Die riesige Skulptur aus aufgestapelten Schachteln mit aufgemalten Amazon-Logos neben Urwaldbildern ist hingegen ein konkreter Verweis auf ökonomische und ökologische Themenfelder, sie lässt sich allerdings auch nicht isoliert von der Kunstgeschichte betrachten. Da werden Warhol und gleich auch der Minimalismus nachgeahmt. Passiert kann es nicht sein, intendiert ist es eine Art Dreingabe zu all den Erfahrungen, die das Kunsthaus nun anbietet.
Erweiterte Eröffnung der Ausstellung am 16. April, 15 bis 19 Uhr. Geöffnet im Kunsthaus Bregenz bis 4. Juli, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Do bis 19 Uhr.




Pamela Rosenkranz
Geboren 1979 in Uri (CH)
Ausbildung Hochschule der Künste Bern, Universität Zürich
Laufbahn u. a. Biennale Venedig (Schweizer Pavillon 2015),; Manifesta, Berlin Biennale, Biennale de Lyon, Sharjah Biennale
