Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Das Theater, es lebe hoch!

Kultur / 14.05.2021 • 19:46 Uhr

Es war eine karge Zeit, die Menschen, die Kultur lieben, über Monate durchmachen mussten. Es war eine noch schlimmere Zeit für jene, die Kultur machen, die für uns, für ihr Publikum, künstlerisch tätig sind. Nicht nur, weil sie finanziell in allergrößte Not kamen, sondern auch, weil sie ihre Kunst nicht präsentieren konnten, weil sie zwar voll von Ideen waren, aber diese nicht umsetzen konnten. Denn Kunst über den Bildschirm zu erleben, ist eben nicht das Gleiche, wie in eine Galerie zu gehen, nicht das Gleiche wie mit anderen Interessierten gemeinsam ein Konzert oder eine Theateraufführung zu erleben. Dafür, dass das in Vorarlberg seit Wochen wieder geht, kann man nur dankbar sein. Ebenso für den Aufwand, den etwa das Vorarlberger Landestheater betreibt, um die 100 Besucher pro Aufführung zu erfreuen. Finanziell ist das für das Theater eine Katastrophe – für die Zuschauer allerdings ist es schlichtweg großartig.

Es grenzt an Selbstausbeutung, was derzeit das Landestheater bietet: Premieren im Wochentakt, parallel zu den Aufführungen Proben für das nächste Stück. Es ist unglaublich schön, sich in so kurzen Abständen mit immer neuen Inszenierungen auseinandersetzen zu können, nicht zuletzt, weil auch die Themen so unterschiedlich sind. Da gab es einen Abend des Vorarlberger Autors Maximilian Lang über Franz Michael Felder, dann eine Bearbeitung des Romans „Schlafes Bruder“ von Robert Schneider, vor einigen Tagen mit Arthur Millers „Alle meine Söhne“ einen Klassiker der Moderne. Man könnte meinen, dass diese amerikanischen Familienthemen durch viele Inszenierungen und Filme inzwischen „ausgelutscht“ sind – im Landestheater wird man eines Besseren belehrt. Gerade dieser Abend war für mich besonders erfreulich, sowohl Regie als auch Schauspieler eiferten nicht bekannten Klischees nach, sondern brachten das Stück gut in unsere Zeit. In einigen Tagen wird dann ein Klassiker der Antike, Aristophanes‘ „Die Vögel“, folgen. Zumindest vom Stück her könnte es ein politisches Lehrstück gerade für unsere Zeit, vielleicht im Besonderen für die derzeitige österreichische Politik werden.

Ab dem 19. Mai werden wieder mehr Menschen im Theater zugelassen sein, nicht so viele, wie man sich wünschen würde – aber immerhin. Und in der nächsten Spielzeit, für die ja schon eine erfreuliche Vorschau gegeben wurde, könnte es fast schon wieder normal werden. Dann sollten wir, so wie in alten Filmen, die Hüte in die Luft werfen und rufen „Das Theater, es lebe hoch!“ Ich habe keinen Hut – aber imaginär ziehe ich ihn vor unserem Landestheater.

„Finanziell ist das für das Theater eine Katastrophe – für die Zuschauer allerdings ist es schlichtweg großartig.“

Walter Fink

walter.fink@vn.at

Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.