Wo es einmal so richtig viel zu sehen gibt

Kultur / 20.05.2021 • 08:00 Uhr
Wo es einmal so richtig viel zu sehen gibt
Nahezu 300 Arbeiten von rund 130 Künstlerinnen und Künstlern sind im Palais Thurn und Taxis versammelt. FLORIAN RAIDT

Künstlervereinigung nimmt sich die Freiheit, fast 300 Mitgliederarbeiten zu zeigen.

Bregenz „An Vogel“ lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Bregenzer Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis. Was den Vorstand der Berufsvereinigung bildender Künstler Vorarlbergs dazu bewog, dieses Motto über die nach dem Lockdown längst fällig gewordene Präsentation von Mitgliederarbeiten zu stellen, lässt sich auch im Gespräch mit Präsidentin Maria Simma nicht konkret eruieren, jedenfalls hätte sie nichts dagegen gehabt, im Haus, das bis zum Rand gefüllt erscheint, noch mehr Arbeiten zu zeigen als jene nahezu 300 Werke von mehr als 130 Künstlerinnen und Künstlern.

Installation "Free China" von Gerti Hopp und Margot Meraner.
Installation "Free China" von Gerti Hopp und Margot Meraner.

Sollte die Salonhängung von einst vor allem betuchte Besucher zum Kauf animieren, so geht es heutzutage in solchen dann doch etwas luftiger gehaltenen Räumen wohl ums Schauen, Vergleichen, Hinterfragen etc. Dass sich die Kunstankäufer des Landes laut Bekundungen bereits nicht nur umgesehen, sondern auch einige Stücke für die öffentliche Sammlung gesichert haben, ist begrüßenswert und dokumentiert ein grundsätzlich gutes Niveau in dieser Übersichtsschau. Der in erster Linie Neugierige und Interessierte wühlt sich durch das gefiederte Angebot, das der Titel hervorrief und freut sich, wenn er unter der Daunenschicht durchschnittlicher Malerei auch Ironie, Witz, beißende Kritik oder besondere Schönheit entdeckt. Einige Namen herauszupicken ist zwar etwas unfair, aber unerlässlich. So wirken die Vogelskulpturen von Gerti Hopp und Margot Meraner nur auf den ersten Blick wie Nippes, der Titel “Free China” lässt sich auf die Porzellanobjekte von Ai Weiwei beziehen, womit die Installation mindestens so politisch aufgeladen ist wie der direkte Verweis auf Myanmar im Werk des Duos Mueller/Divjak.

Auf das Motto pfeifen

Dass Ruth Schnell mittels UV-Drucke Fragen der Moral angesichts der hochtechnisierten Welt aufwirft, bildet einen jener subtil eingesetzten mahnenden Hinweise in einem Rundgang, der – betrachtet man etwa die guten Arbeiten von Jeannette Frei – logischerweise viel Wohlfühlcharakter hat. Flora und Fauna haben als Inspirationsquellen hoffentlich nach wie vor nicht ausgedient. Auch Uta Belina Waeger geht das Thema sehr feinfühlig an, wenn sie ein filigranes Ei in Mischtechnik auf Stahl präsentiert und auch in einem vollgefüllten Saal die Blicke auf das Objekt lenkt. Dass Peter Langebner auch schriftstellerisch tätig ist, entnimmt man nicht nur Titeln wie “Hirschfischrüsselvogel”, die Skulpturen entwickeln so viel Eigenleben, dass man sie nicht nur als an moderne Klassiker angelehnt empfindet. Gunnar Tschabrunns Erinnerung an David Pountneys Inszenierung von “Playing Away” macht schlicht Spaß und Lorenz Helfer pfeift sowieso auf das Motto und präsentiert mit malerischer Sicherheit einige Vierbeiner als des Menschen Freund. Diese brauchen auch keinen Käfig, um nicht zu entlaufen, der da und dort aufscheint und bei Rebecca Marent zum humorigen Nimbus wird. Ironie ist auch Ulli Knall nicht fremd, wenn sie possierliche Keramiken schafft und die Teigtierchen von Edith Hofer haben es faustdick hinter den Ohren.

Eine Aufforderung

Seiner Granitskulptur hat Roland Adlassnig zwar Flügel wachsen lassen, abheben wird das Gebilde, das wie ein Paradoxon vor dem Palais steht, trotzdem nicht. Dieser “Pechvogel” oder “Glückspilz” steht wie eine Aufforderung an die Künstlervereinigung da, den öffentlichen Raum noch stärker als Präsentationsfläche einzubeziehen.

Im Hintergrund Arbeiten von Lorenz Helfer.
Im Hintergrund Arbeiten von Lorenz Helfer.

Die Einladung, mit dem Titel “An Vogel” Wortspiele zu betreiben, darf man getrost umgehen, so banal sind im Haus nicht einmal jene wenigen Arbeiten, die (nur) dem Begriff Kreativität zuzuordnen sind. Und nicht zuletzt ist es schlicht und einfach erfreulich, wieder einmal Werken von Richard Bösch, Marion Mathá, Erich Smodics, Sarah Bechter, Maria Baumschlager-Dünser, David Murray, Ilse Aberer, Franz Gassner, Lisa Althaus, Herbert Albrecht und vor allem von Sabine Luger zu begegnen. Man braucht und sucht Konstanten ebenso wie Entdeckenswertes, das etwa Anna und Maria Ritsch liefern.

Im Foyer rechts Arbeiten von Katja Berger sowie Heller/Ulmer.
Im Foyer rechts Arbeiten von Katja Berger sowie Heller/Ulmer.

Die Ausstellung ist im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis in Bregenz (Gallusstraße 10) bis 27. Juni, Mi bis Sa, 14 bis 18 Uhr, So, 11 bis 17 Uhr geöffnet.

May-Britt Nyberg Chromy lässt das Haus von frechen Möven besetzen.  <span class="copyright">florian Raidt</span>
May-Britt Nyberg Chromy lässt das Haus von frechen Möven besetzen.  florian Raidt