Musiktipps. Von Fritz Jurmann

Kultur / 30.06.2021 • 20:07 Uhr
Musiktipps. Von Fritz Jurmann

KÜNSTLER Messis Cellogruppe

ALBUM … fast live!

LABEL greenbee records

Woher der seltsame Name? „Wir sind Messis durch und durch“, gesteht die achtköpfige Mädchentruppe aus dem „Would“ im Booklet, geprägt von unbändiger Sammelleidenschaft nach multikulturellen Fundstücken, die sie zu Eigenem formen. Messis Cellogruppe ist eine von mehreren Formationen, die dem unbändigen Tatendrang von Evelyn Fink-Mennel entsprungen sind, Volksmusik-Fachfrau, Multi-Instrumentalistin und Meisterjodlerin, stets gut gelaunter Antriebsmotor für alles und jeden. Da wird erfrischend drauflos gefiedelt, was das Zeug hält, aber auch lupenrein sauber im vierstimmigen Satz gejodelt. Das mischt sich so ideal, dass man oft nicht mehr weiß, ist das nun noch der Andelsbucher Galopp oder schon ein schottisches Reel, eine kleine Fuge oder der Schnurrbart-Song. Über allem steht der Heiligenschein einer gewachsenen Tradition, in der kein Kitschteufel Platz findet. Konzert 4. Juli, 14.30 Uhr, Kapuzinerkloster Bregenz

KÜNSTLER Sapperlotta

ALBUM Zinnober

LABEL Lavalse (Vinyl-Ausgabe über
Musikladen Feldkirch)

„Sapperlotta!“ Ein feminin verbrämtes Schimpfwort? Nein, der Name einer Band, der Programm ist, weil er so schön klingt und für Überraschungen en masse steht. Ebenso wie Zinnober, bei dem man viel Wirbel macht um nichts als den Klang des Wortes. „Eine Mischung aus Heimweh und Fernweh“ hat sie ein Kenner benannt, „So a Gschroa!“ eine Straßenpassantin. Bleiben wir seriös bei einer Klangwolke aus Stimmen, Celli, Zupfinstrumenten und Perkussion. Doch die hat’s in sich. So vielseitig wie die sechs Mitglieder der Truppe, die der Wind vor drei Jahren in Bregenz aus verschiedenen Richtungen zusammengeweht hat, will auch ihre Musik sein: Roma-Volkslieder wie „Ederlezi“ oder „Morj Shej“, Lieder aus Norwegen und Südtirol, Eigenes von Magdalena Nesensohn und Martin Lindenthal, alles ehrlich, ungeschminkt und mit Spaß am Leben aufbereitet, der ansteckend und inspirierend wirkt. Konzert 10. Oktober, Villa Müller, Feldkirch.

KÜNSTLER Tiroler Kammerorchester InnStrumenti, Dir. Gerhard Sammer

ALBUM Junge SolistInnen am Podium, Vol. 2

LABEL musik museum

Mit der Uraufführung ihrer neuen Schubert-Oper war die international tätige Vorarlberger Komponistin Johanna Doderer kürzlich wieder in aller Munde. Ihre angestammte Naturliebe, die sie mit Schubert verbindet, findet sich auch in ihrem früher entstandenen Akkordeon-Konzert „Ozean“, das mit dem Tiroler Kammerorchester InnStrumenti unter Gerhard Sammer bei Dornbirn Klassik uraufgeführt wurde und nun in der CD-Reihe dieses Klangkörpers erschienen ist. Doderer hat in diesem impressionistischen Tongemälde die Weite und Tiefe, auch die Wellen des Meeres eingefangen und dabei viele rhythmische und freie Stellen dem flinken Akkordeonisten Nikola Djoric zur Ausgestaltung überlassen. Im fauchenden Balg wird auch die Bedrohung des Meeres durch Plastikmüll deutlich, mit elektronisch zugespielten Gesängen die Gefahr für die Wale. Eine in buntes Kolorit getauchte ernste Mahnung zur Achtsamkeit im Umgang mit der Natur.

KÜNSTLER Wiener Philharmoniker, Dir. Daniel Harding, Solist Igor Levit, Klavier

ALBUM Sommernachtskonzert 2021

LABEL SONY Classical (CD und DVD)

„Fernweh“ ist ein viel zu oft strapaziertes Konzertmotto, als dass man ihm noch Glauben schenken könnte. Wenn bei der TV-Übertragung die Moderatorin aus dem Off die Zuseher auffordert: „Klappen Sie Ihr Tischchen hoch!“, dann sind rasch Untiefen der Trivialität erreicht, wie sie so gar nicht zu diesem exzellenten Schönbrunner Pendant des Neujahrskonzertes passen wollen. Auch die Programmierung folgt einer eigenwilligen Dramaturgie, bleibt für die Zuhörer oft zu schwer und zu wenig populär, ohne die gewohnte sprühende Leichtigkeit eines lauen Sommerabends. Allein gespielt wird in Höchstform von den Philharmonikern. Der Brite Daniel Harding als Debütant am Pult lässt sie machen und greift nur ein, wo absolut notwendig, an seiner Seite der aufregendste Pianist ever, Igor Levit mit Rachmaninow. Analog von höchster Qualität auch die TV-Bildregie mit den tanzenden Lichtern bei Bernsteins Mambo aus der „West Side Story“.

Musiktipps. Von Fritz Jurmann
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