Von Nord nach Süd – eine Transiterfahrung

Peter Natter fährt nach Italien und begegnet der Geschichte.
Lago Maggiore Mehr als nur einer freundlichen Einladung bzw. einer mehr als nur freundlichen Einladung folgend, fuhr ich Anfang Juli Richtung Süden, tatsächlich gen Italien, an den Lago Maggiore, nicht nur von Goethes „Italienischer Reise“, die zu meinen ständigen Lektüren gehört, motiviert und inspiriert. Vom Herzen und dem Routenplaner dirigiert, ging die Fahrt an Chur vorbei Richtung Splügen. Bald aber war es mit meiner Geduld vorbei, oder richtiger: Ich habe sie mobilisiert. Folgerichtig habe ich die Schnellstraße an der nächsten Ausfahrt Zillis verlassen. Was auf den knapp 300 Kilometern der Fahrt nach Ghiffa am Lago Maggiore mit einem Abstecher ins Val Verzasca folgte, war eine Zeitreise. Außer den unvermeidlichen Motorrad- und Porschefahrern war auf den Kehren der Passstraße und hinunter ins Tessin so gut wie niemand unterwegs. Noch dazu war es ein Sonntag, und die Ticinesen und Italiener haben vernünftigerweise Siesta gehalten, zudem verwandelte sich jenseits der Passhöhe (2.066 m) der in Dornbirn trübe und nasse Morgen in einen sonnigen und warmen Tag.
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Eine Zeitreise: Vom Norden in den Süden, das ist natürlich nicht erst seit Goethes oder Angelika Kauffmanns Aufenthalt in Italien ein wichtiger Übergang. Zu erwähnen sind die Bregenzerwälder Käsgrafen Moosbrugger, die lange vor den heutigen Sattelschlepperkolonnen mittels Saumpferden den Käsehandel mit der Lombardei quasi monopolisiert hatten, woraus entsprechender Wohlstand, inklusive Loge in der Mailänder Oper, bei den einen und Ärger bei den andern, etwa dem schriftstellernden Bauern Franz Michael Felder, entstand.
Später kamen dann, woran auf sehr sympathische Art einige sichtlich liebevoll chauffierte Exemplare von Oldtimern, die sich den Bernardino hinaufkämpften, erinnerten, später, in den 1960ern, kamen dann die ersten Urlaubsfahrten Richtung Jesolo und Rimini im VW Käfer. Sie sind für eine ganze Generation der Inbegriff von Urlaub und wohl auch von Abenteuer, vielleicht sogar von Freiheit geworden.
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Noch ein paar Jahrzehnte später, und damit sind wir schon in der Gegenwart angekommen, ist die Überquerung der Alpen nicht viel mehr als ein bequemer Kurztrip. Darf man das ein wenig schade finden? Ich denke schon. Dass Lkw-Fahrerinnen das anders sehen, ist in Ordnung. Wer sich quälen möchte, kann ja aufs Fahrrad ausweichen,, und für die Midlife-Crisis gibt es heute tolle Motorräder, mit denen sich Kurven und Höhenmeter gelenkschonend und gewichtsneutral überwinden lassen. So weit, so gut.
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Am schönsten ist es, dass manche Dinge bleiben oder sich so langsam und in so charmanter Manier verändern, dass wir es nicht oder kaum merken. Die wunderbare Flora des Südens zählt dazu: die Zitronen-, Orangen-, Feigen- und Eukalytusbäume, Zedern, Zypressen und Palmen, die riesigen Oleander, die herrlichen Wälder an den Hängen des Lago Maggiore, soweit nicht vom Borkenkäfer zerstört, nicht zu vergessen der Espresso für Euro 1,30 in einer Bar des centro storico von Cannobio, und all das, was ihm vorausgeht und ihm folgt: Incredibile!