Weniger wäre mehr gewesen
Vor kurzem kam im Österreichischen Fernsehen ein Beitrag zum Bregenzerwald in der meist hervorragenden Reihe „Universum“. Hermann Maier, Großmeister des Schifahrens, sollte diesmal – wie schon durch andere Regionen – durch das Tal der Bregenzerach führen. Man durfte wie immer außergewöhnliche Naturaufnahmen erwarten, von Bergen, Seen, Fauna und Flora. Es ist anzunehmen, dass der Salzburger Hermann Maier den Text für diese Dokumentation nicht selbst geschrieben, schon gar nicht aus dem Stegreif gesprochen hat. Da hat aber ein Textautor versucht, das möglichst „echt“ aussehen beziehungsweise anhören zu lassen. Und das ist nicht gelungen. Etwas weniger „urtypisch“, etwas weniger hingeworfene salzburgerische Dialektbrocken hätten es auch getan. Da konnte auch der vom Sonderdach über Bezau stammende Toni Innauer, ebenso Sportlegende wie Hermann Maier, nichts mehr retten. Nicht einmal mit der Erklärung des ultrabekannten Zitats des Bizauer Mundartdichters Gebhard Wölfle, der mit seinem „Meor ehrod das Ault …“ immer dann herhalten muss, wenn man Wälderdialekt erklären will. Nicht einmal dann, wenn die beiden unterwegs zum Gipfel der Kanisfluh, dem mythischen Berg des Bregenzerwaldes, sind.
„Manchmal ist es klüger, nicht überall anzutupfen, sondern einiges weniger, dafür das aber intensiver darzustellen.“
Die wunderbaren Bilder aus dem Bregenzerwald hat man – wie sich das für „Universum“ gehört – bekommen, natürlich auch Steinadler und Steinböcke auf der Kanisfluh. Ein wenig Alpen, die man echt innerösterreichisch natürlich „Almen“ genannt hat, eine Andeutung der Drei-Stufen-Wirtschaft, ein wenig Vorsäß (ohne Schönenbach geht es natürlich überhaupt nicht, auch wenn man vom eigentlichen Vorsäß nahezu nichts mitbekommen hat), ein bisschen Schifahren – das war es. Offenbar ging man nach einem Spruch in Goethes „Faust“ vor: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen; und jeder geht zufrieden aus dem Haus.“ Ganz so zufrieden ging man dann aber doch nicht aus dem Haus. Denn vieles, was den Bregenzerwald ausmacht, hat mir gefehlt. Manchmal ist es klüger, nicht überall anzutupfen, sondern einiges weniger, dafür das aber intensiver darzustellen. Ein Beispiel, wie das sein könnte, hat der Besuch bei den Johler-Brüdern in Alberschwende angedeutet. Gestandene Männer, die in anderen Berufen Karriere gemacht haben, treffen sich zweimal im Jahr in der Rodelwerkstätte des Vaters und fertigen dort als Handwerker hochwertige Rodel. Und das seit vielen Jahren. Mehr von dieser Art hätte dem Film gut getan. Was nicht heißt, dass man Hermann Maier und Toni Innauer nicht gerne zugehört hat. Und in jedem Fall war es ein Werbefilm, der dem Bregenzerwald gutgetan hat. Damit hat er vermutlich seinen Zweck erfüllt.
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
Kommentar