Galeristin Lisi Hämmerle: Horror und Poesie in gutem Maß

Kultur / 11.09.2021 • 15:00 Uhr
Comics mit Relevanz von Michaela Konrad. <span class="copyright">VN/cd</span>
Comics mit Relevanz von Michaela Konrad. VN/cd

Die Bregenzer Galeristin Lisi Hämmerle absolviert einen starken Auftritt auf der Parallel Vienna.

Wien, Bregenz Wie kann der Mensch überleben, wenn das Insektensterben voranschreitet? Ist eine Rückbesinnung zur Natur in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung noch möglich? Was geschieht, wenn die Kluft zwischen Arm und Reich noch größer und der Zugang zu Bildung noch weiter erschwert wird? Michaela Konrad beschäftigt sich mit großen Fragen, die im Alltag – aus Bequemlichkeit – gerne verdrängt werden. Die aus Graz stammende Künstlerin, deren Werkserie „Can this be tomorrow?“ in der Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz zu sehen war, tut das, was gute Dramen auszeichnet, sie transportiert die Themen klug überhöht und mit fein eingesetztem Humor.

Galeristin Lisi Hämmerle mit Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf auf der Parallel Vienna.
Galeristin Lisi Hämmerle mit Romana Hagyo und Silke Maier-Gamauf auf der Parallel Vienna.

Auch der Sarkasmus sitzt, wenn nun auf den bunten Comics der Fortsetzungsserie „Pictures of tomorrow“ Dirndl und Lederhosen auf typische Sci-Fi-Gadgets stoßen und Hilfesuchende oder Hilfsbedürftige darauf angewiesen sind, dass Roboter die für sie richtige Entscheidung treffen. Augmented Reality intensiviert den Erlebnisfaktor dieser dystopischen Rauminstallation, die mit großer Lockerheit zu absolut relevanten Fakten führt.

Inspirierend

Auf der Parallel Vienna, der mittlerweile sehr umfangreichen und sehr heterogenen Kunstmesse, die in den Räumen und auf dem Areal der ehemaligen Semmelweis-Klinik in Wien in Qualität und Ausmaß einer gut kuratierten Biennale gleichkommt – von namhaften Galerien, Kunstinstitutionen bis zu Newcomer-Plattformen ist alles vertreten –, hat sich die engagierte Galeristin Lisi Hämmerle gleich zwei Räume gesichert. Im lichtdurchfluteten Eckzimmer präsentieren die Vorarlberger Künstlerinnen Silke Maier-Gamauf und Romana Hagyo Arbeiten, die während ihres Stipendienaufenthaltes in Litauen entstanden sind. Eine Installation mit Stoffen, die auf der Technik des Faltenlegens für die Tracht der Bregenzerwälderinnen basiert, umrahmt Fotoserien von hoher Ästhetik. Maier-Gamauf und Hagyo, die seit einigen Jahren gemeinsam arbeiten, hinterfragen Sichtweisen bzw. sehen Landschaftsstrukturen, natürlich gewachsene Gegenstände wie ein Büschel Moos oder ein Stück Holz genauso wie Teile des menschlichen Körpers. Die Aufnahmen, die dabei entstanden sind, inspirieren zu Geschichten, in denen sich Geschlechterzuschreibungen auflösen. Das Wesen im Faltengewand, das da in der weiten, nahezu unbewachsenen und absolut unbewohnten Landschaft sitzt oder kriecht, steht vielleicht für einen Neubeginn. Es sind poetische Arbeiten auf einem feinem, bestens bzw. perfekt erspürten Grat, hinter dem das Sentiment droht, die es dem Betrachter überlassen, sie mit seinen Sehnsüchten aufzufüllen. Zwei großartige Räume unter vielen auf der Parallel Vienna, von denen das eine oder andere Werk wohl einmal auch in Bregenz zu sehen sein wird.

Die Parallel Vienna in Wien (Semmelweis-Klinik, Hockegasse 37, 18. Bezirk) läuft noch bis Sonntag, 12. September.