Ein Leben voller Partys birgt auch Hindernisse

Partytime
F. Scott Fitzgerald
Diogenes
270 Seiten
Die einen lieben es, die andern hassen es: das Dorffest. Literarisch eignet es sich, um anständig aufzuräumen.
Romane „Schützenfest“ nennt sich der Roman des Berliner Autors Dirk Bernemann. Tatsächlich beginnt er in Berlin, wo Gunnar, dem Hauptprotagonisten, eine Beziehung astrein in Brüche geht. Dunkle Wolken also über der Stadt und Gunnar nimmt Auszeit in seinem Geburtsort Dörrfeld in Westfalen, da seine Eltern einige Tage verreisen und er auf ihre Fische schauen soll. Auch mit Dörrfeld kann er sich nicht so richtig anfreunden: Viele seiner Schulkollegen sind hier in der Umgebung geblieben und haben sich unterschiedlich weiterentwickelt. Mit einer gewissen Unsicherheit lässt er sich nach einigen Bieren zum Schützenfest verleiten. Immer wieder trifft er hier Menschen von früher. In kursiver Schrift lässt der Autor hier Geschichten aus der damaligen Zeit einfließen. Zur späten Stunde trifft er mit Franziska seine alte Jugendliebe wieder. Als Leser hofft man, dass die Geschichte an diesem Punkt so echt Fahrt aufnimmt. Macht sie aber nicht. Wahrscheinlich, weil sich die Hauptperson selber im Wege steht und nicht genau weiß, was sie will.
Die schwierige Heimkehr
Der Stillstand hält bis knapp vor dem Ende an. Das kann natürlich ein Stilmittel sein, siehe Thomas Bernhard oder Samuel Beckett, die dieser Verweigerung eine anständige Portion Provokation beimengten. Grundsätzlich wünscht man dem Leser jedoch eine gewisse Entwicklung der Personen, ein dichtes Stimmungsbild und eine interessante Story. Bei Dirk Bernemann trinkt man Bier und Kräuterlikör, der Schützenverein und der Fußballklub im Ort sind nach wie vor wichtig und ein klassisches Rollenbild in Beziehungen wird gerne gesehen. Natürlich passieren hier Handlungen, die den Leser für eine kurze Strecke mitnehmen, doch prinzipiell wären die Abgründe besser herauszuarbeiten gewesen, um die Charaktere um Gunnar herum nicht so statisch erscheinen zu lassen, kräftige Bilder wären die Folge gewesen. Eines vielleicht noch: Eine Heimkehr war immer schon ein klassisches Literaturthema, das muss jedoch unter den Fingernägeln brennen.
Feste ganz anderer Natur feierte F. Scott Fitzgerald. Mit seiner Anvertrauten, Zelda Sayre war er eigentlich das Partymagnet seiner Zeit, den wilden 1920er-Jahre. Schwierig zu erahnen wo Fitzgerald ohne sein zumindest zwei Mal brillant verfilmten Meisterwerk „The Great Gatsby“ stehen würde, das trotz des großen Wirtschaftsaufschwungs nach dem Ersten Weltkrieg bereits das Ende des American Dream einläutete.
Aufbruch in die Moderne
In dieser explosiven Zeit waren in Mode- und Zeitgeistmagazine abgedruckte Autorengeschichten en vogue. Vom Liebkind der Szene, F. Scott Fitzgerald, wurden Kurzgeschichten und Erzählungen gewünscht, die sich um die junge Liebe und um Partys drehten. Zumindest sollte das den Rahmen geben und ist auch heute hochinteressant zu lesen: Es ist die Literatur, in der Wolkenkratzer noch ein Zeichen für Aufbruch und Stärke sind, Steaks aus Argentinien noch nicht in CO2-Footprints bemessen werden und eine Welt ohne Zigarren und große Aschenbecher nicht vorstellbar wäre. Aber Fitzgeralds Storys sind größer: Versiegt der Nachhall der Partys und schließen sich die Türen im trauten Heim, sind die fein gezeichneten Figuren zu erkennen, denen sehr verletzliche Charaktere innewohnen. Eine kurze unerwartete Wendung und sie laufen in ihr Verderben. Arbeitslosigkeit und Geldsorgen sind Themenfelder, die F. Scott Fitzgerald bespielt.

Schützenfest
Dirk Bernemann
Heyne Hardcore
233 Seiten