Zeigen, wo Bartle den Most holt

Dirigent Guntram Simma gelang mit seinem Collegium Instrumentale eine tolle Performance.
Dornbirn Guntram Simma ist wer. Auch acht Jahre nach seiner Pensionierung als Musikschuldirektor besitzt er den Nimbus des kundigen Musikvermittlers, des Pädagogen, vor allem des Orchesterdirigenten mit seiner unnachahmlichen Schlagtechnik, seinem Gestaltungswillen und Gespür für musikalische Situationen. Bei Dornbirn Klassik geriet er nun unversehens auch in die Rolle des Moderators, der spontan als Einspringer die Programmeinführung „aus dem Hut“ perfekt und humorvoll erledigte.
Eine Viertelstunde später steht er bereits am Pult im sehr gut gebuchten Kulturhaus. Simma besitzt noch immer deutliche Anziehungskraft und Rückhalt in der Bevölkerung, die ihm vor allem seine jahrzehntelangen Verdienste um das Dornbirner Jugendsinfonieorchester nicht vergessen hat. Teile der einstigen Jugend leben in seinem 2008 gegründeten Collegium Instrumentale weiter, das er sich zusammen mit einer Reihe versierter Berufsmusiker als dirigentisches Standbein bewahrt hat und damit regelmäßig wichtige Impulse in der Orchesterlandschaft des Landes setzt. Simma selbst ist nichts von seinen mittlerweile 72 Jahren anzumerken, er geht seine Aufgabe jugendlich frisch an und zeigt noch immer manch Jüngeren im Land, „wo Bartle den Most holt“.

Klar, Musik erhält eben jung und wirkt sich in direkter Linie auf die gut aufgestellten und hoch motivierten Musiker seines Collegiums mit dem versierten Konzertmeister Thomas Furrer aus, die es durchaus auch mit vergleichbaren Profi-Orchestern im Land aufnehmen können. Besonders Klassik und Romantik liegt diesen Musikern, und da sind sie diesmal mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 in C-Dur goldrichtig bedient. Mit der renommierten serbischen Pianistin Jasminka Stančul hat man auch die ideale Solistin dafür gefunden, die bereits den Beethoven-Wettbewerb in Wien gewonnen hat. Man kennt sich seit ihrem Debüt hier 2018 und liegt haargenau auf einer Linie, wenn es darum geht, ihr den idealen Boden für dieses anspruchsvolle Werk zu bereiten. Simma respektiert mit seinem gemäßigten Tempo im Kopfsatz die Einstellung der Solistin, die in diesem Werk weniger den schroffen Beethoven als vielmehr den sonnigen Mozart als dessen Vorbild erkennen will. Mozartisch geläufig ist dann auch ihr Zugang vor allem im lyrischen zweiten Satz, bevor sich das abschließende wirbelnde Rondo-Finale mit großem Temperament entfaltet, alles ohne Fehl und Tadel. Beethovens berühmter erster Satz aus der „Mondscheinsonate“ als Zugabe beruhigt die Gemüter.

Danach weckt Guntram Simma sein Publikum aus allzu viel klanglichem Wohlbehagen auf, stößt mit einer Uraufführung auf der Höhe der Zeit einen Stachel ins Fleisch der Zuhörer. „Protest“ nennt sich die 4. Symphonie des anwesenden US-amerikanischen Komponisten Frank Stemper, eigens komponiert für Simmas Collegium, die sich trotz des großspurigen Namens als einsätziges Stück von nur 15 Minuten entpuppt. Doch auch in dieser Kürze wird die Botschaft des Werkes klar, das sich gegen eine Welt aus Umweltverschmutzung und Krieg stellt, die wir unseren Kindern hinterlassen. Da geht in harten Dissonanzen und brutalen Schlagzeug-Eruptionen zunächst einmal die Welt unter, bis die Kinder durch die Orchestermusiker mit ihren Rasseln eine Stimme erhalten und sich durchsetzen. Ein Werk, das nachdenklich stimmt und positive Aufnahme findet. Als krasser Gegensatz dazu führt Simma mit Smetanas Tondichtung „Die Moldau“ sein Orchester gekonnt in die klangvolle Programmmusik der sprudelnden Quellen in den Holzbläsern, der Stromschnellen mit kompaktem Blech und den Mondnächten, in denen die Streicher ihren seidigen Glanz entfalten. Fritz Jurmann
Nächstes Konzert Dornbirn Klassik, Kulturhaus: 24. November, 19.30 Uhr – J. S. Bach: Messe in h-Moll (ensemble cantissimo, Barockorchester “L’arpa festante”)