Denen die Stirn geboten

“Es war ein langer Spießrutenlauf”: Vor 50 Jahren schuf Gottfried Bechtold den ersten Betonporsche.
Hard, Bregenz Es ist ein Sinnbild für Agilität und Dynamik und gleichzeitig ein Paradox: Vor 50 Jahren verwandelte der Vorarlberger Bildhauer und Konzeptkünstler Gottfried Bechtold (geb. 1947) einen Porsche 911 in ein Faksimile aus Beton, in eine gut 13 Tonnen schwere Skulptur. Erstmals Aufstellung fand sie im November 1971 vor der einstigen Galerie Krinzinger in der Bregenzer Deuringstraße, aufgeregt haben sich viele, näher befasst mit der Arbeit eher wenige. Als sich Bechtold damit verteidigte, dass er für eine „Verarschung“, die ihm vorgeworfen wurde, nicht ein Jahr lang hart arbeitet bzw. mit Beton hantiert, wurden die Aussagen gemäßigter.
Ein Spießrutenlauf sei es trotzdem gewesen, bis der erste Betonporsche seinen Platz vor der Universität Konstanz erhielt, erzählt Bechtold. In der Kulturabteilung des Landes Baden-Württemberg hatte man den Wert einer der weltweit ersten Plastiken, die sich konkret auf das Auto beziehen, erkannt, die Skulptur angekauft und der Uni geschenkt. Dort begehrten dann die Studenten gegen die Vergeudung eines Geld einbringenden Parkplatzes auf, bis Kunstexperten und Philosophen im Rahmen einer Podiumsdiskussion die Arbeit erläuterten.
Bechtold erinnert sich auch an die Fahrt mit der „super aggressiven“ Galeristin Ursula Krinzinger ins Porsche-Werk bei Stuttgart. Der Portier winkte die beiden in einem alten Opel anreisenden Personen ab, aber schließlich landeten sie doch im Büro von Ferdinand Alexander Porsche, der sich „total angetan“ zeigte, Plakate und Kataloge zur Verfügung stellte und die beiden gleich noch mit dem Chefdesigner bekannt machte. „Wie das gelaufen ist, wäre heute völlig undenkbar.“
Beharrlich
Er sei zwar ein „Jubiläumsmuffel“, aber letztlich habe es ihm nun doch getaugt, jene Multiples dieser ersten Betonporsche-Skulptur, dieses „Konstanzers“ zu schaffen, die nun in einer Auflage von 911 Stück in der Galerie Maximilian Hutz in Hard zu sehen sind. Bekanntermaßen gibt es mittlerweile mehrere, jeweils anders konnotierte Betonporsche-Skulpturen, die unter anderem auch vor dem Kunsthaus Bregenz oder dem Museum Lentos in Linz Aufstellung fanden. Schon im Jahr 1972 nahm Bechtold an der Weltkunstschau documenta in Kassel teil, mittlerweile erfolgten zahlreiche Ausstellungen und vor allem auch Aufträge für Skulpturen im öffentlichen Raum. „Ich habe denen damals die Stirn geboten“, sagt Bechtold heute. Jahre später war eine Autoskulptur Bechtolds, mit der er sich auf die Mobilität, auf Bewegung und Stillstand bezog, im ZKM in Karlsruhe vertreten. Vor den 1970er-Jahren hatte sich aber kaum jemand derart explizit mit dem Auto beschäftigt. Aktuelle, bekannte Arbeiten in diesem Kontext sind beispielsweise jene des Österreichers Erwin Wurm.
Er habe sich in den letzten Monaten zurücknehmen müssen, aber er möchte weiterarbeiten, gesteht der Künstler, der eine Krebserkrankung zu überwinden hatte. „Es war mir klar, wenn ich einmal krank werde, dann bekomme ich eine ordentliche olympische Disziplin serviert. Ich hatte ja körperliche Selbstausbeutung betrieben.“ Mit den Ärzten, die ihn behandelten, hat er sich geradezu angefreundet. Die Operationen sind in Fotoserien dokumentiert, ohne einem Voyeurismus Vorschub leisten zu wollen, sollen sie Basismaterial einer künstlerischen Arbeit werden, deren Konzept er zurzeit entwirft.
„Mitten durchs Herz“
Ein weiteres Projekt wird im kommenden Jahr gestartet, und zwar mit einer älteren Arbeit, der Skulptur „Mitten durchs Herz“, die Gottfried Bechtold einmal für den Kunstraum Dornbirn schuf. Auf einem massiven Sockel aus Granit steht die filigran-reduzierte Figur einer Pietà als Kopie nach einer Bronze von Albert Bechtold, dem Großonkel Bechtolds. Die Pieta, das seltene Beispiel einer stehenden Schmerzensmutter, wird von einer Schiene, die wiederum im Werk Bechtolds verankert ist, mitten durchs Herz gebohrt. Die Energie Versorgung Niederösterreich hat das Werk, für das sich auch Persönlichkeiten der katholischen Kirche interessierten, angekauft und bringt es im kommenden Jahr zum Firmenjubiläum in Maria Enzersdorf zur Aufstellung. Eine prominent besetzte Jury hat die Auswahl dieses Werks befürwortet, das auch danach im öffentlichen Raum verbleiben soll. Der Ort wird im Rahmen der Betreuung der Kunstsammlung des Unternehmens noch definiert.
„Ich habe immer gesagt, für eine Verarschung betoniere ich nicht ein Jahr lang herum.“


Für eine Ausstellung kam der erste Betonporsche 1997 einmal nach Bregenz.


Die Ausstellung mit Bechtold-Arbeiten in der Galerie Maximilian Hutz in Hard (In der Wirke 4) läuft bis 29. Jänner, Do bis Fr, 16 bis 18 Uhr, Sa, 10 bis 12 Uhr.