Zum Ankurbeln der Fantasie

Kunstmuseum Ravensburg bietet tollen Einblick ins Werk von Max Ernst und Begegnung mit Caroline Achaintre.
Ravensburg Rund fünfzig Arbeiten sind da. Das ist für ein Museum in der Region vor allem dann ein Coup, wenn die Auswahl die Auseinandersetzung mit dem Schaffen eines der bedeutenden Vertreter der Kunst des 20. Jahrhunderts ermöglicht. Mit der Ausstellung „Max Ernst – Zwischenwelten“ entspricht das Kunstmuseum Ravensburg dieser Voraussetzung. Die bis 20. Februar zu sehenden Exponate stammen überwiegend aus Bonn und dort aus der Sammlung Fitting, die auf einen repräsentativen Querschnitt des Werks des deutschen Künstlers (1891-1976) ausgelegt ist, der wie so viele verfemt und vertrieben wurde und sich nach den Exiljahren in den USA in Frankreich niederließ.
Frottage und Grattage
Wenn auch keine der großformatigen Werke präsent sind, so lässt sich der Werdegang vom Expressionismus und den noch vom Kubismus beeinflussten frühen Arbeiten, von Blättern, die für den Surrealismus bzw. für Dada stehen, bis hin zu den späten Arbeiten, in denen Flora und Fauna verschmelzen, nachvollziehen. Träume, Erinnerung, psychologische Erkenntnisse von Sigmund Freud, das Unbewusste, das Visionäre oder schlicht und einfach die Auseinandersetzung mit der Natur in ihrer die Fantasie fordernden Formenvielfalt sind die Themen in Max Ernsts Werk. Dazu kommen experimentelle Techniken wie die Frottage oder Grattage, die auch in den kleinformatigen Werken zu faszinierenden Ergebnissen führen. „Sehen war meine erste und liebste Beschäftigung“, ließ der Künstler wissen. Praktisch für den Ausstellungsbesucher, der es ihm am besten gleichtut, dabei die Werke nicht nur abscannt, sondern sich Zeit nimmt. Etwa für die Bilder und Skulpturen von Mischwesen, die durch vielfache Reproduktionen oft ihr Geheimnis verloren haben, die die eingehende Beschäftigung mit dem Original bietet.
Tapisserien
Dass in einem der Stockwerke Arbeiten der französischen Künstlerin Caroline Achaintre (geb. 1969) zu begegnen sind, erweist sich als kluger Schachzug. Ihr Ausloten von Abstraktion und Gegenständlichkeit in Keramiken und zum Teil recht großen Tapisserien, die mit der Technik des Tuftens – dem Beschießen einer Leinwand mit Fäden – entstanden sind, konfrontiert mit Figuren und Erscheinungen, die nicht mehr zuordenbar sind. Farb- und Formgebung sind aber so durchdacht, dass wir uns in einer Welt der Fantasy-Wesen oder der Sujets aus der Pop- und Volkskultur nicht verlieren. Es ist somit weniger das Unheimliche als das ungemein Fantasievolle, das den Blick nicht mehr abwenden lässt und in Ravensburg zudem mit der Architektur des Museums korrespondiert.



Geöffnet bis 20. Februar im Kunstmuseum Ravensburg, Di, 14 bis 18 Uhr, Mi bis So, 11 bis 18 Uhr, Do bis 19 Uhr. 2G-bzw. 2G-plus-Regelung: kunstmuseum-ravensburg.de