Das muss man erst einmal nachmachen

Trotz aller Widrigkeiten gelang dem Big Band Club Dornbirn ein glänzendes Jazz-X-mas.
Götzis Manche wollen es immer schon gewusst haben, nun ist es amtlich. Der Big Band Club Dornbirn (BBCD), mit seinen über 50 Jahren die mit Abstand älteste kulturelle Einrichtung dieser Art im Land, hat sich erneut als absolut krisenfest und beständig erwiesen. Das muss denen erst einmal jemand nachmachen, allen Einschränkungen durch die Coronamaßnahmen zum Trotz ihr traditionelles 21. Jazz-X-mas unter dem neuen Chef Attila Buri am Tag vor Heiligabend so golden glänzend hinzulegen wie die gut polierten Instrumente ihrer Trumpets und Bones.
Der Helfer gab es einige, die intensiv zu diesem Erfolg beitrugen, voran die Geschäftsführung der Kulturbühne Ambach mit Michael Löbl und das Kulturreferat Götzis mit Vizebürgermeisterin Edith Lampert. Sie sorgten neben Zuschüssen für die lückenlose Eingangskontrolle der 2G-Regel, die Einhaltung der Maskenpflicht, eine lockere Bestuhlung im Saal und die strenge Abtrennung zwischen Bühne und Zuschauerraum. Auf diesem organisatorischen Fundament konnte sich das künstlerische Potenzial des 17-köpfigen Vereins voll entfalten. „Wir freuen uns, dass wir spielen können und dürfen“, wie Obmann Eugen Rigger treffend formulierte.
Kurzfristige Umbesetzung
Aber da war auch seitens des Clubs erst noch ein entscheidendes Hindernis zu überwinden, denn zwei Musiker hatten die vorgeschriebene Coronaimpfung verweigert. Man griff mit Hilfe auch von Gründer-Urgestein Gerd Hämmerle kurzerhand auf einen Pool junger, hungriger Profi-Jazzer zurück und engagierte als Trompeter Jakob Lampert, den Sohn der Vizebürgermeisteirn, der nach dem Bachelor am Konservatorium derzeit in der Eliteuniversität Codarts in Rotterdam seinen letzten Schliff erhält, und als Altsaxophonisten den türkischstämmigen Cenk Dogan, den Kulturstadtrat von Bludenz. Beide erhalten in „Mr. Grooverix“ auch ihre brillant gemeisterten Soloeinsätze, und die kompakte klangliche Einheit der Band von Anfang an ist auch durch diese kurzfristige Umbesetzung niemals gefährdet.
Das liegt natürlich vor allem an Attila Buri, dem ungarischen Temperamentbündel, der nach dem Entfall des Events im Vorjahr zum zweiten Mal den Bandleader gibt. Man weiß nicht, soll man bei ihm mehr den Dirigenten bewundern, der seine Mannen lässig im Zaum hält, oder den fingerflinken Keyboarder mit seinen ausgefuchsten Soli, der zwischen beidem emsig hin und her switcht. Vielleicht gebührt ihm sogar eine Anstecknadel für seine Moderation, deren leichte Unbeholfenheit er charmant kompensiert. Auch wenn Buri verschämt eingesteht, dass es coronabedingt bloß drei Proben gab, funktioniert sein komplexer Apparat bis aufs i-Tüpfelchen, in einem breiten Spektrum zwischen Blues, Swing, Pop und Latin. Das fährt ab, voll Leidenschaft und oft auch mit den erforderlichen gehörigen Phonstärken. Kaum zu glauben, dass es sich bei diesen Profi-Jazzern offiziell um einen Amateurverein handelt, bei dem die meisten nicht die Musik, sondern etwa den Forschungs-Ingenieur, den Metallbauer oder den CEO im Elektronikbetrieb als Brötchenberuf vorweisen.
„Silent Night“ als Zugabe
Fast jeder Musiker erhält im Laufe des Abends die Chance, sich vor dem applausfreudigen Publikum solistisch zu profilieren, hervorstechend Markus Weiss, der in „Coconut Champagne“ mit seiner Trompete wieder die „Hochtöner“ erstrahlen lässt. Das Beste kommt zum Schluss, ein Treffen zweier Kings, Großmeister Chick-Coreas „La Fiesta“ im maßgeschneiderten Arrangement der deutschen Jazzgröße Peter Herbolzheimer, mit dem die Band bis zuletzt persönlichen Kontakt pflegte: ein Furioso, über dessen fetten Bläsersätzen Markus Holzmaier seine fetzigen Gitarrensoli entfaltet. Das Weihnachtsrepertoire lässt zwischendurch grüßen, übernimmt mit „Silent Night“ als Zugabe aber endgültig das Kommando. Die Melodie ist zwar im warmen Sound-Strickjäckchen von Ted Wilson nur bruchstückhaft zu erahnen, dafür steht die intensive Stimmung dieser Fassung weit über manch gekünstelten originalen Darbietungen des Liedes.
