Die Ära Oskar Egle bei „Voices“ ist Geschichte

Kultur / 29.12.2021 • 12:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Ära Oskar Egle bei „Voices“ ist Geschichte
Oskar Egle ließ ein letztes Mal die Puppen tanzen und übergab schließlich an Paul Burtscher. JU

Paul Burtscher übernimmt in einem tollen Chor-Event von Oskar Egle die Leitung bei „Voices“.

GÖTZIS Eigentlich war ja die große Abschiedsparty für Oskar Egle (61) als Leiter des von ihm gegründeten Landesjugendchores „Voices“ bereits vor einem Jahr geplant gewesen, doch Corona hatte damals dieses Vorhaben vereitelt. Nun aber war es am Montagabend für den Chorguru und Everybody’s Darling der Chorszene im Land so weit. Nach einem ebenso begeisternden wie berührenden Abend ist die Ära Oskar Egle bei „Voices“ damit Geschichte.

Dass dieses Ereignis mit rund 80 Chormitgliedern plus David Helbocks „Random Control“ als zusätzlichem Anheizer und einem enthusiastisch aufgeladenen Publikum aus dem ganzen Land zu einem Event der Sonderklasse in der ausverkauften Kulturbühne AmBach werden würde, war klar. Denn „Voices“ ist unter den Händen von Oskar Egle gleichermaßen zur Wunderwaffe und zum Aushängeschild des Chorverbandes Vorarlberg geworden. Doch zu viel war in diesen 18 Jahren geschehen an Auftritten, Tourneen und erfolgreichen internationalen Wettbewerben, was die jungen Leute zwischen 16 und 28 mit ihrem „Ossi“ verbunden hatte, als dass man so mir nichts dir nichts einen Schlussstrich hätte ziehen können. Gerade für Oskar Egle bedeutete dieser Abschied einen schweren Entschluss, den er aber durch ein zukunftssicheres Konzept abgefedert sieht: „Mit Paul Burtscher steht für mich der ideale Nachfolger fest, das ist eine einmalige Gelegenheit für diesen Übergang.“ Der 48-jährige Chorleiter aus Bludesch, der an der Musikmittelschule Götzis unterrichtet, ist Mitglied im Musikausschuss des Chorverbandes, wirkte bei „Gioia“ mit und leitet seit 2005 erfolgreich den LIEDERmännerChor Alberschwende.

Oskar Egle aber lässt beim Programm „voices4ever“ ein letztes Mal die Puppen tanzen. Zeigt noch einmal, welch professionelle Ergebnisse man auch und gerade aus einem Jugendchor herausholen kann, der noch offen und wissbegierig ist. Er setzt sich auch mit Neueinstudierungen auseinander, mit denen der stets top informierte Dirigent immer auf Augenhöhe mit der aktuellen internationalen Entwicklung im Chorwesen Schritt halten konnte, bringt aber auch Standards und Klassiker des „Voices“-Repertoires zum Rückerinnern. Was da wie selbstverständlich auf höchstem sängerischem Niveau, mit weiter Dynamik, Klangkultur und Disziplin ausgebreitet wird, macht Staunen, treibt einem aber oft auch das Wasser in die Augen. Sie singen einfach göttlich, diese Youngsters. Und sie haben den Kopf nicht im Notenblatt, sondern beim Chorleiter, weil sie das gesamte Repertoire auswendig beherrschen, fast zwei Stunden lang, von Monteverdi bis zu aktuellsten Chorwerken mit ihren atemberaubend schrägen Harmonien. Unglaublich und ein verspätetes kleines Weihnachtswunder!

„Random Control“, das international bewährte heimische Jazztrio, ist zudem eine Klasse für sich. David Helbock am Flügel, Andi Broger und Johannes Bär mit ihrer Vielzahl von Instrumenten bis zum Alphorn sorgen mit fantasievollen Überleitungen und Eigenem für Wohlfühl-Jazz und viel gute Laune. Der befreundete Tiroler Komponist David Soyza steuert mit dem eigens zu diesem Anlass komponierten „The Search for Truth“ eine Uraufführung bei.

 Paul Burtscher übernahm die Leitung bei „Voices“.
Paul Burtscher übernahm die Leitung bei „Voices“.

Wer etwa noch daran gezweifelt hat, dass solche Chor-Leistungen nur auf der Basis einer fast familiär geerdeten Gemeinschaft entstehen können, erhält Nachhilfe durch das Moderatoren-Pärchen mit Einblicken in den „Voices“-Alltag. So ging die Zuneigung ihres Chorleiters oft so weit, dass er nach einem besonders gelungenen Auftritt in einem Rundmail schrieb: „Ich liebe Euch!“ Solche Emotionen verdichten sich auch zum Finale dieses Abends. Egle dirigiert seine letzte Zugabe, bezeichnend „So soll es bleiben“, Paul Burtscher übernimmt mit dem bewährten „Engel“ der Gruppe Rammstein. Zusammen mit ihm wird auch der neue Organisator Johannes Grabher vorgestellt, der die Arbeit der verdienstvollen Barbara Kathan übernimmt. Der Dank von Chorverbandschef Axel Girardelli spricht den „Voices“-Spirit an, der lebenslang gilt, also auch für den Neo-Pensionisten Egle, Ralf Gisinger als „Voices“-Obmann hat viel Persönliches für den scheidenden Chorleiter parat. Ein allerletztes Mal noch steht Egle mit einem Halleluja in „Supermarket Flowers“ von Ed Sheeran am Pult, danach erhebt sich das Publikum wie ein Mann und hätte Oskar wohl am liebsten einen Oscar verliehen. Fritz Jurmann

Im Rundfunk: 17. und 24. Jänner, 21.05 Uhr, Radio Vorarlberg

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