Respekt und Polemik

Kultur / 14.04.2022 • 20:11 Uhr
Das Kafka-Zitat „Hilfe kommt aus Bregenz“ weist seit Monaten auf ein großes Autorinnen- und Autorentreffen am Wochenende an zehn Orten in der Landeshauptstadt hin. stadt Bregenz, VN/PS
Das Kafka-Zitat „Hilfe kommt aus Bregenz“ weist seit Monaten auf ein großes Autorinnen- und Autorentreffen am Wochenende an zehn Orten in der Landeshauptstadt hin. stadt Bregenz, VN/PS

Autorinnentreffen haben eine interessante Geschichte: Hubert Dragaschnig erinnert sich.

Bregenz Vorarlberg mit der Landeshauptstadt Bregenz mag Franz Kafka (1883-1924) in der Tat weit weg erschienen sein. Am anderen Ende der Monarchie sozusagen. Die Zugsverbindung von Prag nach Zürich bzw. Paris mag ihn auf das Kaff am Bodensee gebracht haben. Jedenfalls legte der Schriftsteller in seinen Tagebüchern den Satz „Hilfe kommt aus Bregenz“ einem Arzt in den Mund. „Das ist weit“, antwortet der Patient. In ihrem Erzählband „Am Marterpfahl der Irokesen“ lässt die Vorarlberger Schriftstellerin Ulrike Längle dem Autor in der Figur einer Anna Dorn Hilfe zuteil werden. Auch seitdem wird der Satz „Hilfe kommt aus Bregenz“ immer wieder verwendet. Nun auch für ein Autorinnen- und Autorentreffen mit über 40 Lesenden, das am Samstag – wo wohl? – ja, in Bregenz stattfindet. Schon seit Monaten ziert der Zaun an einer Baustelle im Stadtzentrum diesen Begriff. Gelesen wird am 16. April an insgesamt zehn Orten, darunter sind das Landestheater, die Galerie Lisi Hämmerle, aber auch der Martinsturm und der Käsekeller in der Oberstadt.

Eine „Notgemeinschaft“

Autorinnentreffen haben in Vorarlberg keine allzu lange, aber eine interessante Geschichte. Hubert Dragaschnig, Schauspieler, Regisseur und Leiter des Theaters Kosmos, war einst Mitinitiator des Vorarlberger Autorenverbandes in den frühen 1980er-Jahren. „Es war eine Notgemeinschaft“, erinnert er sich. Abgesehen von Monika Helfer und Michael Köhlmeier habe kaum jemand einen Verlag gehabt, und die äußerst konservative Kulturabteilung des Landes verlangte auch die Aufnahme von Schreibern, die völkisch orientiert waren. Der Austritt solcher Personen erfolgte erst ein paar Jahre später. Mitunter hatten die Argumente der jungen, ambitionierten Menschen aber auch Eindruck hinterlassen. Hubert Dragaschnig wurde eine Hospitanz beim Theater für Vorarlberg ermöglicht, unter dem Titel „Sein ist hier die Antwort“ hinterließ er ein in den Augen des Impresarios Bruno Felix nicht aufführbares Stück, gründete mit einer Förderung vonseiten des Landes aber die „Vorarlberger Volks- und Wanderbühne“ und ging mit dem Werk „Sapperlot frohlocket“ unter die Dramatiker.

„Ins Trainerfach gewechselt“

Schriftstellerische Ambitionen hat er keine mehr, es folgten mehrere Engagements als Schauspieler und seit Herbst 1996 gibt es das Theater Kosmos. „Ich bin ins Trainerfach gewechselt“, erklärt Dragaschnig. Im Leiterteam mit Augustin Jagg richtete man seit dem Start das Augenmerk auch auf die Förderung junger Dramatikerinnen und Dramatiker. Nadja Spiegel, Max Lang, Katharina Klein und Amos Postner seien stellvertretend für viele Vorarlberger Schriftstellerinnen und Schriftsteller genannt, von denen man Stücke uraufführte. Mehrere Dramenwettbewerbe wurden in den letzten Jahren durchgeführt und mit dem Kosmodrom wurde eine Studiobühne eingerichtet. Wolfgang Mörth und Daniela Egger haben sich als maßgebliche Förderer engagiert.

Wie war das früher bei Schriftstellerinnen- und Schriftstellertreffen? Bei den St. Gerolder Literaturtagen, die auf Initiative des ORF-Journalisten Leo Haffner durchgeführt wurden, sei der Aufbruch der 1980er-Jahre spürbar geworden, erzählt Dragaschnig, den als Zuhörer dort auch eine aggressive Stimmung empfing. Man habe den Eindruck gehabt, Konter geben zu müssen. Teilweise sei die Kritik an den vorgetragenen Texten aber deswegen so scharf gewesen, weil man sich an der eigenen Polemik ergötzt habe. Seit dem Jahr 2015 bis zum Stopp durch die Pandemie hat das Theater Kosmos gemeinsam mit der literaturaffinen Hoteldirektorin Susanne Denk jeweils zu Ostern Autorinnen- und Autorentreffen im Schwärzler ausgerichtet. Vorarlberger Schriftstellerinnen und Schriftsteller – darunter auch jene,  die längst international reüssiert haben und mit renommierten Preisen ausgezeichnet wurden – haben sich mit Kollegen aus Deutschland und der Schweiz ausgetauscht. An der Bar wurden Konzepte zur Literaturförderung überlegt. Das Theater Kosmos hat mittlerweile ein Dramenatelier eingerichtet. Theaterhospitanzen zu ermöglichen, wäre eine Aufgabe der Kulturabteilung des Landes.

Hubert Dragaschnig war Mitinitiator des einstigen Vorarlberger Autorenverbandes.

Hubert Dragaschnig war Mitinitiator des einstigen Vorarlberger Autorenverbandes.

Autorinnen- und Autorentreffen am 16. April in Bregenz mit Lesungen von 10 bis 16 Uhr an zehn verschiedenen Orten: www.hilfekommtausbregenz.com