Es gibt Hoffnung, trotz des harten Befundes

Die Wut, die bleibt
Mareike Fallwickl
Rowohlt
384 Seiten
“Die Wut, die bleibt”, löst ein Staunen aus, das bleibt.
Roman Dieses Buch ist ein Hammer! Es lässt sich kaum anders sagen. “Die Wut, die bleibt”, löst ein Staunen aus, das bleibt. Ein Staunen über die Fähigkeit, komplizierte Gefühle auf unabgedroschene Weise so auszudrücken, dass Wiedererkennen und Erkenntnis einander die Waage halten. Ein Staunen über die Härte gegenüber einer Gesellschaft, mit deren Verhältnissen sich zumindest ihr männlicher Teil gut arrangiert hat. Mareike Fallwickls Roman ist Sprachkunstwerk und Anklage in einem.
“Die Wut, die bleibt”, ist eine Wut von Frauen auf eine männliche Welt, die ihnen die Spielregeln vorgibt. Sie haben sich einzufügen, haben mitzuspielen und mitzuschwimmen. Sie müssen sich dem männlichen Blick aussetzen, gegen männliche Gewalt behaupten und die männliche Entfaltung durch ihre Haus- und Erziehungsarbeit ermöglichen. Vor allem drei Frauen sind es, denen in dem Buch die Wut hochkommt: Helene, Sarah und Lola. Helene und Sarah sind Freundinnen aus Kindheitstagen, einander auch im Erwachsenenleben eng verbunden, Lola ist die 15-jährige Tochter Helenes. Ihre Entscheidungen, mit der Wut umzugehen, sind dramatisch unterschiedlich. Dieser Unterschied sorgt für Spannung – die Spannung des Lesers über den Fortgang der Handlung und die äußerste Spannung zwischen Positionen, die zum Zerreißen führt.
Es geht also doch
Die Wendung hin zum Rachethriller, die der Roman nimmt, muss nicht jedermanns Sache sein. Doch souverän gelingt es ihr in der Folge, beide Stränge – und beide Frauengenerationen – zusammenzuführen und zu einem Ende zu bringen, das bei aller Härte des Befundes Hoffnung macht. “Mädchen wie wir werden überall gebraucht”, sagt Lola am Ende, als sie aus- und aufbricht. Das Buch widmet Fallwickl ihrer Tochter. Fast erleichtert ist man, in der Danksagung davon zu lesen, dass sie ihrem Mann dafür dankt, mit ihr jene Gleichberechtigung zu leben, “an der die Gesellschaft scheitert”. Es geht also doch.
Mareike Fallwickl, 1983 in Hallein geboren und 2018 mit “Dunkelgrün fast schwarz” für den Österreichischen Buchpreis nominiert, hat nach “Das Licht ist hier viel heller” nun mit ihrem dritten Roman ein überzeugendes Buch vorgelegt, das unter die Haut geht.