International und doch österreichisch

Kultur / 20.04.2022 • 19:13 Uhr
Anna Boghiguian und Otobong Nkanga  mit Direktor Trummer vor der Tapisserie von Nkanga.
Anna Boghiguian und Otobong Nkanga  mit Direktor Trummer vor der Tapisserie von Nkanga.

Kunsthaus Bregenz punktet in Venedig mit Werken von zwei Künstlerinnen vom afrikanischen Kontinent.

Venedig, Bregenz Das zwischen Gelb und Lila schimmernde KUB-Logo fällt auf in Venedig, wo an vielen Häusern nun Plakate kleben, die auf Events der 59. Biennale weisen, auf der allein in der zentralen Ausstellung sowie in den Länderpavillons weit über hundert Staaten mit Künstlerinnen und Künstlern vertreten sind. Nachdem es Thomas D. Trummer, dem Direktor des Kunsthaus Bregenz, noch im Herbst des Pandemiejahres 2020 gelungen war, Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl für das KUB zu engagieren bevor ihnen der Austria-Pavillon überlassen wurde, gab es in Vorarlberg schon einen Vorgeschmack darauf, wie sich Österreich bei der weltweit wichtigsten Biennale präsentiert.

„Einmal etwas anderes“ hatte Trummer beabsichtigt, als er sich einen Ort für die Präsenz des KUB sicherte. An der Scuola di San Pasquale am Campo San Francesco della Vigna rennen nicht die Massen vorbei, als fast schon kontemplativer Ort, dessen Innenräume auch ans KUB und dessen Lichtgestaltung erinnern und in dessen Kreuzgang Gespräche (unter anderem auch mit dem Architekten Peter Zumthor) ausgerichtet werden, erweist er sich aber als ideal.

Mit Otobong Nkanga (geb. 1974 in Kano, Nigeria) und Anna Boghiguian (geb. 1946 in Kairo) wurden Künstlerinnen eingeladen, deren Werk auch im aktuellen KUB-Programm aufscheint. Beide sind auf dem afrikanischen Kontinent beheimatet und mit dem Verweis, dass die Handelsrouten von dort nach Europa über Venedig führten, stellt Trummer im Gespräch mit den VN seine Entscheidung in einen historischen Kontext. Boghiguian arbeitet narrativ, stellt in ihrem „Chess Game“ Figuren aus der österreichischen Geschichte zueinander, deren Biografie sich konkret berührt oder auch nicht. Jede Figur, die in den bemalten Schablonen zu erkennen ist, hat einiges auf dem Buckel, ordnet sich aber keinesfalls der Hierarchie dieses Spiels unter. So werden wir mit Marie-Antoinette, der französischen Königin aus dem Geschlecht der Habsburger, ebenso konfrontiert wie mit ihrer Schneiderin Rose Bertin. Der Königin, die auf der Guillotine endete, modische Attitüden zuzuordnen, greift nur bei oberflächlicher Betrachtung kurz, Boghiguian thematisiert auch die Symbolik der Bekleidung. Wenn Österreichs Thronfolger Franz Ferdinand, der aufgrund seiner Politik ein Mitauslöser des Ersten Weltkrieges war, Bertha von Suttner, die erste Trägerin des Friedensnobelpreises, der Philosoph Ludwig Wittgenstein, Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse oder der Aktivist Theodor Herzl auftauchen, dann erhält das Schachspiel enorme Aussagekraft. Besondere Stringenz erfährt es beim Blick auf Aribert Heim. Einer der Mörder im österreichischen Konzentrationslager Mauthausen lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1992 völlig unbehelligt in Ägypten wo ihm auch die Künstlerin begegnet war.  

Eine geeignete Art

Mit fantastischen und zugleich dystopischen Szenen hatte Otobong Nkanga bereits im Kunsthaus Bregenz fasziniert. Ihre Auseinandersetzung mit der Natur und den zerstörenden Eingriffen der Menschen bündelt sie in Tapisserie-Arbeiten wie nun auch eine für die Scuola entstanden ist, wo sich eine Soundinstallation wie eine Übersetzung der optischen Elemente ins Akustische erweist. Die Frage, ob dieser Auftritt des KUB im nun von Kunst überladenen Venedig wohl die geeignete Art ist, das 25-Jahr-Jubiläum zu begehen, wird obsolet, wenn man die Qualität der Werke betrachtet sowie die Tatsache, dass hier eine österreichische Kunstinstitution mit dem Programm darauf verweist, dass derlei Großausstellungen die europäische Perspektive schon viel zu lange und lange auch nahezu ausschließlich ins Zentrum rückten.

„The Chess Game“ von Anna Boghiguian führt Figuren der österreichischen Geschichte zusammen.VN/cd
„The Chess Game“ von Anna Boghiguian führt Figuren der österreichischen Geschichte zusammen.VN/cd
Thomas D. Trummer hat sich die Scuola San Pasquale für das KUB gesichert.

Thomas D. Trummer hat sich die Scuola San Pasquale für das KUB gesichert.

Zu sehen ist die Präsenz des KUB in Venedig bis 4. Juli.