Mehr Leidenschaft im Konzertsaal

Kultur / 23.06.2022 • 17:54 Uhr
Peter Heiler und Judith Reichart präsentierten in Anwesenheit von Bgm. Ritsch und StR. Rauth die Meisterkonzerte. VN/Hartinger
Peter Heiler und Judith Reichart präsentierten in Anwesenheit von Bgm. Ritsch und StR. Rauth die Meisterkonzerte. VN/Hartinger

Die neuen Meisterkonzerte berücksichtigen auch neue Aufführungsformate.

Bregenz Da haben sich zwei Menschen in ihrer Einstellung zu Musik und Musikvermittlung aber besonders gut verstanden. Dies übertrugen jedenfalls Judith Reichart, Leiterin des Bregenzer Kulturservice, und Peter Heiler, angesehener Musikpädagoge und -experte, auf die Zuhörerinnen und Zuhörer. Wenn die Dirigenten der kommenden Bregenzer Meisterkonzerte ähnlich viel Leidenschaft und Temperament an den Tag legen wie jene, die das Programm erstellten und am Donnerstag präsentierten, dann dürften im Festspielhaus bald die Funken sprühen.

Das Publikum nicht nur mit hochkarätigen Künstlerinnen und Künstlern zu konfrontieren, sondern auch mit neuen Aufführungspraxen und interaktiven Möglichkeiten, ist jedenfalls das erklärte Ziel. Reichart: „Wir haben bewusst auch Dirigenten gewählt, die für neue Präsentationsformen stehen.“ Schon Nicholas Collon, Leiter des Aurora Orchesters, soll ein Garant dafür sein. Er macht klar, dass die „Symphonie fantastique“ von Hector Berlioz mit ihrer Thematik um Liebe und bizarre Leidenschaft literarische Kenntnisse verlangt und macht es dem Publikum leicht, diese zu erwerben – nämlich bei direkter Ansprache. Wenn man zudem weiß, dass dieses Orchester auswendig und im Stehen spielt, zeichnet sich ein lebendiger Konzertabend ab. Als dramaturgisch klugen Kontrast verweist man gleich in die Gegenwart, denn dazu gibt es die „Drei Couperin-Studien“ des englischen Komponisten Thomas Adès. Dieses erste sowie das zweite Konzert der Reihe mit dem Orchestre des Champs-Elysées unter Philippe Herreweghe werden wegen der Festspielhaussanierung zwei Mal hintereinander auf der Werkstattbühne gespielt. Herreweghe bietet die Tragische Ouvertüre von Brahms und hat beim Violinkonzert von Dvoràk mit Isabelle Faust eine junge Solistin mit toller Karriere neben sich, die auf einem der schönsten Instrumente überhaupt, nämlich auf der Dornröschen-Stradivari spielt.

Insider wissen, dass Colon und Herreweghe unterschiedliche Aufführungsstile vertreten, insofern wird es spannend, mit welchem Dirigenten oder welcher Dirigentin die Wiener Symphoniker anreisen. Nach dem Absprung ihres Chefs Andrès Orozco-Estrada steht die Leitung eines Brahms-Programms, das sie offerieren, nämlich noch nicht fest.

Gut kalkuliert

Das vierte Konzert dominiert mit Jordi Savall ein Altmeister der Barockmusik. Dass es mit der Wassermusik von Händel, dem „Don Juan“ von Gluck und Werken von Rameau, denen per se Tänzerisches innewohnt, sowie der Fokussierung von Themen wie Liebe, Leidenschaft und Exzess, besonders gut gelingen kann, auch jüngeres Publikum anzusprechen, steht fest. Insofern hat man gut kalkuliert. Das gilt auch für den Solisten Manfredo Kraemer wie für das nächste Konzert mit dem Chamber Orchestra of Europe und Robin Ticciati sowie der Geigerin Lisa Batiashwili und sowieso für den Abend mit Hélène Grimaud, der großen Pianistin, die auch als Umweltaktivistin bekannt ist und Werke von Brahms, Beethoven und Schumann interpretiert. Bürgermeister Michael Ritsch und Stadtrat Michael Rauth unterlegten die Programmvorstellung mit interessantem Zahlenmaterial. 70 Prozent der im Festspielhaus zur Verfügung stehenden Plätze sind abonniert, anders als es bei den Bregenzer Festspielen der Fall ist, kommen die meisten Besucherinnen und Besucher aus Österreich. Das Gesamtbudget beträgt 570.000 Euro, nach Abzug der Erlöse durch den Ticketverkauf, die Unterstützung vonseiten des Landes und privater Sponsoren werde sich der von der Stadt Bregenz zu tragende Abgang auf 100.000 Euro belaufen. Für Konzertticketinhaber sind die Einführungsvorträge kostenlos. Über derlei Vermittlungsaktivitäten, zu denen spezielle Kontakte zu Schülerinnen und Schülern sowie ein gut gestaltetes Programm und ein entsprechender Internet-Auftritt hinzukommen, wird versucht, weitere Publikumsschichten anzusprechen. VN-cd

Meisterkonzerte 2022/23

Aurora Orchester
unter Nicholas Collon, 29. September

Orchestre des Champs-Elysées unter Philippe Herreweghe,
mit Isabelle Faust, 18. November

Wiener Symphoniker

20. Jänner 2023

Le Concert des Nations
unter Jordi Savall, 12. April

Chamber Orchestra of Europe unter Robin Ticciati,
mit Lisa Batiashvili, 24. April

Hélène Grimaud

27. Mai