Ein Sommer vor 50 Jahren
Die Entscheidung war, obwohl umstritten und vielleicht auch politisch mitbegründet, richtig, die Entscheidung nämlich, als Bregenzer Sommerausstellung im Künstlerhaus „50 Jahre Randspiele“ zu zeigen. Die Sache stand unter keinem guten Stern. Denn der Kuratorin Ines Agostinelli blieben gerade einmal etwa drei Monate, um die Ausstellung auf die Beine zu stellen. Das ist wenig, sehr wenig, rechnet man doch für Projekte dieser Art mit mindestens einem Jahr Vorlaufzeit.
Es war ein Sommer vor 50 Jahren. 1972. Kein Sommer wie alle anderen. Es war der Sommer der ersten Randspiele, jener kulturellen Äußerung der Künstler dieses Landes, die erstmals lauten Protest gegen die verschrobene, konservative, geradezu reaktionäre Kulturpolitik des Landes erhoben. Die Festspiele steuerten auf ihr niedrigstes Operetten-Niveau zu, die Jungen aber brachten frischen Wind auf Vorarlbergs Bühnen in den Theatern und auf der Wiese, besonders auf dem Gebhardsberg. Die Operette auf dem See wurde durch Jazz in feinsten Tönen abgelöst, zeitgenössische Musik brachte neue Hörerlebnisse, Straßentheater berührte die Menschen. Die Randspiele brachten damals einen kulturellen Aufbruch, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, sie läuteten das Ende der rigiden Kulturpolitik des Landes ein und sie fanden im ganzen Land kleinere und größere Nachahmer.
Vieles von dem, vor allem auch vom kulturpolitischen Hintergrund, wird in der Ausstellung gezeigt – man muss sich allerdings viel Zeit zum Lesen, Hören und Bilder schauen nehmen. Dass das gelang, ist sicher ein Verdienst von Ines Agostinelli, es ist aber ein gleicher von den Gestaltern der Ausstellung Reinhold Luger, Martin Platzgummer und Stefan Amann, vor allem auch vom Ausstellungsmacher Kurt Greussing.
Eine wirklich kritische Anmerkung zur Ausstellung muss allerdings sein: Die bildende Kunst wurde nicht nur unter-, sondern auch fehlbelichtet. In der Ausstellung liegt ein Schwerpunkt nur auf Wolfgang Häusler mit seinen Kleiderplastiken und Gottfried Bechtold mit seinen Filmen. Kurz ist auch Tone Fink dabei. Alle anderen, Heinz Greissing, Herbert Albrecht, Hubert Berchtold, Ingo Springenschmid und viele andere wurden zu Unrecht völlig ausgeblendet.
An die Stadt Bregenz muss trotz solcher Einschränkung eine Forderung gestellt werden: Sie muss Geld in die Hand zu nehmen und diese Ausstellung in einem Katalog festhalten. Denn sonst ist die bisherige Mühe vergeblich und nach der Ausstellung alles verloren. Jetzt sind die Fotos, die Texte, die Dokumente gesammelt, jetzt muss man sie dokumentieren. Dafür muss man dann natürlich auch geeignete Personen finden, die das können. Die finanzielle Grundlage dafür schaffen aber muss die Stadt.
„Jetzt sind die Fotos, die Texte, die Dokumente gesammelt, jetzt muss man sie dokumentieren.“
Walter Fink
walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.
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