Ein König als Hofnarr

Kultur / 15.11.2022 • 18:13 Uhr
„Escorial“ von Michel de Ghelderode feiert am Donnerstagabend Premiere. VN/Hartinger
„Escorial“ von Michel de Ghelderode feiert am Donnerstagabend Premiere. VN/Hartinger

Premiere von Michel de Ghelderodes „Escorial“ im Theater Kosmos.

Bregenz Das Theaterstück „Escorial“ von Michel de Ghelderode spielt in einem verarmten Königreich, das von einem tyrannischen, sich an die Macht klammernden König beherrscht wird. Seine Gemahlin, die Königin, liegt im Sterben. Um die Ménage-à-trois zu komplettieren, gibt es einen Hofnarr, in den die Königin einst verliebt war. Der König wusste über die Liebschaft Bescheid und zwingt aus diesem Grund seinen Narren zu einem seltsamen Spiel: Beide entsorgen ihre Rollen und stehen sich nun gleichberechtigt gegenüber. Der eine in seinem Schmerz – der andere mit seinem Hass. Die tragische Ironie ihrer Situation offenbart sich bald: Der König hätte einen erfolgreicheren Hofnarren abgegeben, der Narr einen wahrhaft royalen König; doch beide sind an ihre soziale Rolle gefesselt und agieren nurmehr als Marionetten.

Michel de Ghelderode

Obwohl am 3. April 1898 in Belgien geboren, genoss Michel de Ghelderode ausschließlich französischsprachige Schulbildung, da diese den sozialen Aufstieg versprechen sollte. Ab 1917 arbeitete er journalistisch, von 1919 bis 1921 leistete er seinen Militärdienst bei der Marine. 1923 wurde er mit dem Preis der Zeitschrift „La Renaissance d’Occident“ für sein Stück „Oude Piet“ ausgezeichnet.

Fruchtbare Schaffensphasen wechselten mit kreativen Krisen und Jahren schwerer Krankheiten. Ab 1939 schrieb er fast nur noch für das Radio und Prosatexte. Zwischen 1941 und 1943 trug Ghelderode von ihm verfasste Glossen im Radio der deutschen Besatzer vor, was ihm nach der Befreiung vorgeworfen wurde. Dies dürfte auch einer der Gründe sein, warum seine Werke weit weniger bekannt als die Samuel Becketts, Jean Genets, Eugène Ionescos und Alfred Jarrys sind, obwohl sie in Sachen Qualität und Radikalität nicht hinter jenen zurückstehen. Ghelderode starb vereinsamt und verbittert am 1. April 1962. Seine geplante Nominierung für den Literaturnobelpreis erlebte er nicht mehr.

Großartige Schauspieler

Schauspieler und Musiker Haymon Maria Buttinger wird als Alter Ego des Autors durch die Erzählung führen. Seine Songs bilden einen wesentlichen Bestandteil der Inszenierung. Buttinger studierte von 1975 bis 1978 Schauspiel am Konservatorium Wien, er war von 1993 bis 1999 unter Claus Peymann festes Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater, wo er in 17 Stücken insgesamt 24 Rollen verkörperte. In der Saison 2013/14 verkörperte er am Volkstheater die Titelrolle im „Woyzeck“, wofür er 2014 den Dorothea-Neff-Preis für die beste schauspielerische Leistung erhielt. Nurettin Kalfa wurde 1993 in Hohenems geboren, studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart und spielte unter anderen an den Kammerspielen in München sowie im Theaterhaus Stuttgart. Der 54-jährige Bernd Sračnik ist seit 1987 als Schauspieler in der freien Szene tätig. Hinzu kommen Eigenproduktionen sowie zahlreiche Lesungsprojekte.

Ein König als Hofnarr
Ein König als Hofnarr

Premiere: 17.11., 20 Uhr – Weitere Termine: 19.11. 20 Uhr/20.11. 17 Uhr/25.11. 20 Uhr/26.11. 20 Uhr/27.11. 17 Uhr