Ein Zeitgenosse aus Leidenschaft
Thomas Maurer mit neuem Programm am Spielboden.
Dornbirn Wenn Thomas Maurer zum Kabarett-Abend lädt, braucht es mit einem Sessel lediglich ein einziges Requisit auf der Bühne. Umso breiter gefächert sind dafür die Programminhalte: Der Kabarettist startet mit der vor allem in größeren Städten beheimateten „Alles Woke“-Bewegung, bei der er sich überlegt, diese auf dem Land wegzulassen, da man dort glauben könnte, er spräche womöglich über asiatisches Essen. Dennoch gendert Maurer den ganzen Abend: „Gegenderte Sätze sind wie Windkraftparks: Nicht schön anzusehen, aber ganz ohne wird es auf Dauer auch nicht gehen.“
Die negativen landschaftlichen und kulturellen Veränderungen in Österreich, die ausgestorbenen Dörfer – „kein Greissler, kein Wirtshaus, keine Post“ – in denen keine Menschen, dafür umso mehr SUVs, die „Werkfahrzeuge vom Todesstern“ zu sehen sind und der Kampf von Andreas Hofer gegen die Bayern sind weitere Themen. Erinnerungen an die Jugendzeit als Ministrant, Gedanken über „Salonbobos“ und über japanische Reisegruppen, die Kunstwerke im Smartphone-Display statt in Echtzeit betrachten.
Was genau macht Sie zu einem leidenschaftlichen Zeitgenossen?
Maurer Pragmatismus. Zeitgenosse ist man ja eh, ob man will oder nicht. Und es ist immer eine gute, wenn auch nicht immer durchführbare Idee, Dingen, die man ohnehin machen muss, wenigstens mit Leidenschaft zu begegnen.
Muss man, um die Gegenwart zu verstehen, auch die Vergangenheit im Auge haben?
Maurer Schaden tut‘s sicher nicht. Wer sich aber erwartet, aus der Vergangenheit eine Art Betriebsanleitung für die Gegenwart zugestellt zu bekommen, wird eher enttäuscht sein.
Haben Ministranten und woke „Salonbobos“ Gemeinsamkeiten?
Maurer In Einzelfällen jedenfalls. Man weiß ja nie, zu was sich Ministranten im weiteren Lauf der Zeit noch auswachsen werden.
Sie befassen sich in Ihrem Programm auch mit dem Tiroler Andreas Hofer. Gibt es eine historische Figur in Vorarlberg, die Sie kabarettistisch interessieren würde?
Maurer Da habe ich noch niemanden auf der To-do-Liste. Vorschläge werden dankend entgegengenommen.
Wir sind in etwa gleich alt, deshalb darf ich fragen: Wird man gelassener mit Mitte 50, wenn man auf den Irrsinn der Welt blickt oder ärgert man sich umso mehr, weil sich offensichtlich nichts ändert?
Maurer Ich glaube, das schließt sich nicht aus. Man nimmt vielleicht einfach das eigene fassungslos wütende Entsetzen gelassener.
„Es ist eine gute Idee, Dingen, die man ohnehin machen muss, mit Leidenschaft zu begegnen.“