Romantisch in den Frühling

Kultur / 06.03.2023 • 15:15 Uhr
Der 26-köpfige Kammerchor Feldkirch unter seinem Chorleiter Benjamin Lack.   <span class="copyright">Fritz Jurmann (4)</span>
Der 26-köpfige Kammerchor Feldkirch unter seinem Chorleiter Benjamin Lack. Fritz Jurmann (4)

Der Kammerchor Feldkirch unter Benjamin Lack und Anna Adamik am Klavier begeistern mit neuen Aufgaben.

FELDKIRCH In Krisenzeiten wie diesen, da eine bildungsferne Politik und ein ORF in völliger Verkennung seines Kulturauftrages bedenkenlos das Radio-Symphonieorchester Wien einem „ORF-Rabatt“ für Konsumenten opfern wollen, scheint es auch im fernen Vorarlberg nicht leicht, einen Spitzenchor am Leben und auf Betriebstemperatur zu halten. Das genaue Gegenteil aber ist beim Kammerchor Feldkirch der Fall, der mit Kalibern wie Bachs h-Moll-Messe und Mozarts c-Moll-Messe glänzend die Misslichkeiten der Pandemie umschiffte. Am Sonntag bewältigte er einsatzfreudig auch ein nur scheinbar leichteres Programm von vierstimmigen Nachtmusiken der Romantik, die auch einen semiprofessionellen Kammerchor aufs Äußerste fordern.

Benjamin Lack mit Chorsängerinnen.
Benjamin Lack mit Chorsängerinnen.

Und auch von dem nach Corona in der Kultur konstatierten Besucherschwund ist hier nichts zu spüren, im Gegenteil. Das Publikum hält der 26-köpfigen, klanglich gut ausgewogenen Sängergemeinschaft mit 15 Frauen und 11 Männern die Treue. Dadurch gerät im proppenvoll besetzten Pförtnerhaus freilich auch die Akustik ganz schön aus dem Gleichgewicht, ist trocken und ohne Raumklang. Nicht eben die besten Voraussetzungen also für ein Chorkonzert. Da bedarf es großer Umsicht und Routine in gesangstechnischer Hinsicht, damit die romantischen Melodien großer Meister zum meteorologischen Frühlingsbeginn auch zum Fließen und Leuchten kommen und der Chor seine bekannt guten Eigenschaften wie Sauberkeit, deutliche Aussprache und ausgefeilte Homogenität des Klanges erreicht. Benjamin Lack erweist sich auch darin erneut als Experte, aber auch jede und jeder Einzelne im Ensemble ist damit gefordert.

Die an der Stella Vorarlberg Privatuniversität tätige Pianistin und Klavierpädagogin Anna Adamik hat alle Lieder begleitet und zwei Solostücke von Chopin gespielt.
Die an der Stella Vorarlberg Privatuniversität tätige Pianistin und Klavierpädagogin Anna Adamik hat alle Lieder begleitet und zwei Solostücke von Chopin gespielt.

Lack hat sich auch die feine und abwechslungsreiche Dramaturgie dieser eineinhalb Stunden ausgedacht und dazu die aus Ungarn stammende, versierte Pianistin Anna Adamik von der Stella Privathochschule eingeladen. Sie wird in diesem Programm zur meistbeschäftigten Musikerin, gibt dem Chor durch ihre kompetente Klavierbegleitung sämtlicher Lieder zusätzlich Farben, Klang und Sicherheit und verschafft ihm durch zwei Klavierwerke Chopins auch die notwendigen Atempausen.

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Die Musik des Polen ist Adamik sichtlich ein Anliegen, sie lässt diese leidenschaftliche Klavierkunst als Gipfelwerke aus dem Programm herausragen: ein harmlos als Nocturne c-Moll betiteltes Werk, bei dem sich im Kräftemessen mit dem Flügel ein Klaviergewitter entlädt, und die weit ausladende Ballade g-Moll als Nationalmusik, die mit ihren lyrischen und dramatischen Inhalten zur russischen Besatzung Polens 1831 entstanden ist – eine beklemmend aktuelle Parallele.

Große Umsicht und Routine in gesangstechnischer Hinsicht.
Große Umsicht und Routine in gesangstechnischer Hinsicht.

Der Chor beginnt sein Programm mit drei Liedern des Liechtensteiners Josef Gabriel Rheinberger in seiner kraftvollen, etwas herben Tonsprache. Das glättet sich am Ende in den weich schmelzenden Melodien und Harmonien von Brahms-Liedern, dem Romantiker schlechthin. Dazwischen kommt Schubert zu Wort, mit zwei bekannten Sololiedern mit Chorbegleitung, „Nachthelle“ und „Ständchen“, denen mit dem Tenor Clemens Breuss und der Altistin Sarah Kling Solisten aus den Reihen des Chores ansprechende Gestalt verleihen.

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Das begeisterte Publikum erklatscht sich zwei Brahms-Zugaben, „Waldesnacht“ und mit „O schöne Nacht“ nochmals jenes Lied, das diesem Abend das Motto gab.

Fritz Jurmann