Musik zwischen Ewigkeit und Gegenwart

Kultur / 18.08.2025 • 13:19 Uhr
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Am kommenden Sonntag steht das Programm unter dem Motto “„Mein Herz, was fragst du noch”. victor marin

Die Konzertreihe Sankt Corneli startet mit drei Konzerten in die neue saison.

Feldkirch Gedichte sind, so schrieb Hoffmann von Fallersleben, gleichsam Musikstücke ohne Melodie – und wer sein Sommergedicht liest, in dem die Freude über die wiederkehrende Jahreszeit jubelnd anklingt, der spürt, dass Worte allein manchmal schon ein Fest sind. Wenn der Sommer 2025 in Feldkirch jedoch mit Musik begrüßt wird, dann geschieht dies an einem Ort von einzigartiger Strahlkraft: in der Wallfahrtskirche Sankt Corneli. Deren Mauern atmen Geschichte und die Umgebung wird von einer der ältesten Eiben Mitteleuropas beschützt. Hier öffnet sich das kleine Gotteshaus für eine Konzertreihe, die in ihrer Mischung aus künstlerischer Qualität, spirituellem Raum und kultureller Vielfalt einen besonderen Akzent setzt. Gemeinsam bilden diese Abende ein Mosaik aus Tradition, Innovation und Begegnung, das Sankt Corneli in einen Klangraum verwandelt, in dem Geschichte und Gegenwart ineinander übergehen.

Chorkonzert
Clau Scherrer dirigiert den vielfach ausgezeichneten Chor Cantus firmus Surselva. victor marin

Den Auftakt macht am 24. August in der Pfarrkirche Tosters das Programm „Mein Herz, was fragst du noch“, gestaltet vom vielfach ausgezeichneten Chor Cantus firmus Surselva unter der Leitung von Cla Scherrer. Neben rätoromanischen Liedern von Komponisten wie Gion Antoni Derungs oder Benedetg Dolf erklingen traditionelle Melodien aus dem Iran, die von Ali Delangiz auf Violine und Viola interpretiert werden. Damit wird eine Brücke zwischen den alpinen Tälern Graubündens und den Klangwelten des Orients geschlagen – eine Verbindung, die verdeutlicht, dass Sprache und Musik stets auch Fragen nach Identität, Zugehörigkeit und Sehnsucht aufwerfen. „Die Sehnsucht ist eine Graubündnerin“, schrieb die Musikwissenschaftlerin Laura Decurtins. Wer den beseelten Gesang dieses Ensembles hört, versteht, dass es hier um mehr als nur Musik geht: um ein Wir-Gefühl, das von Generation zu Generation weitergetragen wird.

Pforte
Klaus Christa ist einer der Organisatoren der Konzertreihe. Victor Marin

Unter dem Motto „Das Leben ist eine zu köstliche Sache” gastieren am 7. September die Feldkircher Masterclasses in Sankt Corneli. Auf dem Programm stehen Werke von Joseph Haydn und Louis Spohr, der nach Beethoven und vor Mendelssohn einer der gefeiertsten Musiker Deutschlands war. Spohrs 1823 entstandenes Streichoktett in d-Moll zeugt von einer Virtuosität und Klangfülle, die in der Besetzung des Abends durch Sophie Heinrich (Violine), Mathias Johansen (Violoncello) sowie die Dozenten und Teilnehmer der Masterclasses lebendig werden.

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Am 28. September folgt mit „Meine Sprache versteht die ganze Welt” ein Abend, der erneut klassische Tradition mit regionalem Kolorit verbindet. Das Ambedo Quartett aus Katalonien, unterstützt von Klaus Christa an der Viola, spielt Haydns Streichquartett in E-Dur sowie Mozarts großartiges Streichquintett in C-Dur, das der Salzburger Meister im Dezember 1790 vollendete, um sich von seinem Freund Haydn zu verabschieden. Mozarts Quintett, gedacht als musikalisches Adieu, klingt in der Rückschau wie ein Vermächtnis, da der Komponist keine zwölf Monate später verstarb. Zwischen den klassischen Säulen erklingen katalanische Melodien, die den Bogen vom Wien des späten 18. Jahrhunderts zu den Klanglandschaften der Pyrenäen spannen.

Die beiden September-Konzerte finden in Sankt Corneli statt, was ihnen eine Aura verleiht, die über das Musikalische hinausgeht. Der Weiler wurde schon in der Romantik als einer der “schönsten Flecken deutscher Lande” beschrieben. Seine Kirche ist seit Jahrhunderten ein Wallfahrtsort und die benachbarte „tausendjährige Eibe“ zählt zu den ältesten Bäumen Europas – sie ist vermutlich mehr als 2000 Jahre alt. Auch das Mesnerhaus birgt Geschichte: Es wurde 1774 auf älteren Fundamenten errichtet und beherbergt die älteste bekannte Tür Vorarlbergs, deren Holz aus dem 13. Jahrhundert stammt. Hier verschränken sich Legende, Glaube und architektonisches Erbe, sodass jeder Konzertabend nicht nur musikalisch, sondern auch atmosphärisch ein Erlebnis ist. Die Konzertreihe Sankt Corneli zeigt eindrucksvoll, dass Musik nicht nur in großen Sälen, sondern gerade in intimen Räumen ihre ganze Kraft entfalten kann. Ob rätoromanische Gesänge, Haydns Klarheit, Mozarts innige Größe oder die Leidenschaft junger Musiker aus aller Welt – hier wird spürbar, dass Musik immer auch ein Fest des Lebens ist.