Vier Palästinenserinnen in Hohenems

Kultur / 05.05.2023 • 19:23 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Die vier Frauen sind israelische Staatsbürgerinnen, lebten und studierten in Tel Aviv. Iris Hassid
Die vier Frauen sind israelische Staatsbürgerinnen, lebten und studierten in Tel Aviv. Iris Hassid

„A Place of Our Own“ – die neue Ausstellung im Jüdischen Museum.

Hohenems Die neue Ausstellung im Jüdischen Museum, „A Place of Our Own“ von Iris Hassid, ist eine beeindruckende fotografische Erkundung von Raum, Identität und Zugehörigkeit. Die israelische Fotografin, die für ihren sensiblen und kritischen Blick auf gesellschaftliche Themen bekannt ist, präsentiert in dieser Sammlung eine fesselnde Reflexion über das Leben in verschiedenen Kulturen und Gemeinschaften.

Mit ihrer Linse hinterfragt Hassid die Beziehung zwischen Menschen und ihrer Umgebung und zeigt, wie Identität und Zugehörigkeit von den Orten geprägt werden, an denen wir leben und die wir als unsere eigenen betrachten.

Im Zentrum steht das Leben von vier jungen palästinensischen Frauen. Sie sind israelische Staatsbürgerinnen, die in Tel Aviv lebten und studierten und von dort aus in ihr Berufsleben starteten. Sechs Jahre lang (2014-2020) hat Iris Hassid den Alltag der vier jungen Frauen begleitet, die zu einer neuen Generation arabischer Studentinnen an der Universität Tel Aviv gehören.

Emotionen und Erfahrungen

Die Ausstellung zeigt Porträts, Straßenfotografien und Landschaftsaufnahmen, die ein breites Spektrum an Emotionen und Erfahrungen vermitteln. Ein zentrales Thema von „A Place of Our Own“ ist die Untersuchung von Grenzen und Übergängen, sowohl geografisch als auch in der persönlichen Erfahrung der Menschen. Hassid zeigt, wie Grenzen sowohl trennen als auch verbinden können, und stellt Fragen nach den Möglichkeiten von Integration, Assimilation und Diversität. In spontanen, heiteren und oft auch nachdenklichen Gesprächen fotografierte Iris Hassid Samar (frischgebackene Absolventin der Filmhochschule) aus Nazareth, ihre Cousine Saja (Psychologiestudentin), ebenfalls aus Nazareth, Majdoleen (Architekturstudentin) aus Kafr Kanna und Aya (Studentin der Sozialarbeit und Gender Studies) aus Kafr Qara. Auszüge aus den Interviews sind im Buch nachzulesen. „Zusammen mit den Fotografien entwickeln die Texte eine gewisse Ambivalenz zwischen den leuchtenden Farben und dem scheinbar schönen Leben. Sie machen deutlich, dass diese Fotografien eine Art Traum darstellen, nichts, was man als Normalität bezeichnen würde“, sagt Hassid.

„Es war erfrischend zu hören, wie eine neue Generation junger und selbstbewusster Frauen in meiner Nachbarschaft Arabisch spricht, ganz anders, als sie in den Medien dargestellt werden. Warum kategorisieren wir Menschen nach ihrer Sprache, ihrem Namen, ihrem Akzent, ihrem Aussehen und ihrer Nationalität? Die Präsenz dieser jungen Frauen in Ramat Aviv faszinierte Iris Hassid, die gleich um die Ecke der Universität Tel Aviv wohnt, und so war es für sie selbstverständlich, sich zu engagieren. „Dieses Projekt erhebt nicht den Anspruch, das Leben dieser Frauen wahrheitsgetreu zu dokumentieren oder ‘wahre’ Momente zu zeigen. Es ist eine Zusammenarbeit zwischen ihnen und mir.

Der eigenen Stimme Gehör schaffen

Samar Qubty, heute Schauspielerin und Regisseurin, beschreibt, wie aus ihrem anfänglichen Zögern, an dem Projekt teilzunehmen, Überzeugung wurde. „Ich hatte das Gefühl, dass meine Stimme nirgendwo gehört wird, weil ich eine Frau bin, eine Palästinenserin, die in einem besetzten Land lebt. Also dachte ich, okay, mit Geschichten, mit Fotos, mit Filmen kann ich dieser Stimme, meiner Stimme als Frau Gehör in dieser Welt verschaffen. Es ist vielleicht ein bisschen kitschig, das Wort Hoffnung zu benutzen, aber diese Arbeit hat mir die Kraft gegeben, Kunst zu machen, ich konnte erkennen, dass man überall auf der Welt gehört werden kann.“

Die Besucher der Ausstellung werden eingeladen, die fotografischen Geschichten von „A Place of Our Own“ auf sich wirken zu lassen und dabei ihre eigene Beziehung zu Raum und Identität zu hinterfragen. Indem sie die Geschichten und Schicksale der Menschen zeigt, die sie fotografiert hat, erinnert Hassid uns daran, dass wir alle letztendlich dasselbe suchen: einen Ort, an dem wir uns zu Hause fühlen können, und eine Gemeinschaft, zu der wir gehören.

Kraft der Empathie

„A Place of Our Own“ ist nicht nur eine beeindruckende fotografische Leistung, sondern auch ein Zeugnis für die Kraft der Empathie und der Menschlichkeit. Iris Hassids Werk ermutigt uns, über unsere eigenen Vorstellungen von Zugehörigkeit und Identität nachzudenken und offen für die vielfältigen Lebensweisen und Kulturen zu sein, die unsere Welt bereichern.

Die Eröffnung findet am Sonntag, 7 Mai um 14.30 Uhr statt. Der Direktor des Jüdischen Museum Hohenems, Hanno Loewy, kann neben Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink und Bürgermeister Dieter Egger den Gestalter des Fotobuchs Victor Levie, Judith Hoekstra, Kuratorin des Jüdisches Museum Amsterdam, Fotografin Iris Hassid und als Eröffnungsrednerin Samar Qupty begrüßen. Die Austellung dauert bis zum 10. März 2024.

Sechs Jahre lang hat die Iris Hassid den Alltag von vier jungen Frauen begleitet. VN/Steurer
Sechs Jahre lang hat die Iris Hassid den Alltag von vier jungen Frauen begleitet.
VN/Steurer

Ausstellungseröffnung: Sonntag, 7. Mai ,14.30 bis 16 Uhr, läuft bis 10. März 2024 im Jüdischen Museum Hohenems.

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