In Leichtigkeit ein harter Thriller

City of Dreams
Don Winslow, HarperCollins, 365 Seiten
Fortsetzungen sind zurzeit nicht nur in Serien das Maß aller Dinge, Thriller- und Krimiautoren sind darin Weltmeister.
Trilogie Don Winslow ist ein Freund der Trilogien. Nach seiner Kartell-Trilogie, legt er nun nach „City on Fire“ mit „City of Dreams“ den zweiten Teil seiner USA-Trilogie vor. Der Ursprung ist eine Fehde zwischen den irischstämmigen Murphys und einem Italoamerikaner-Clan, den Morettis, zu Beginn der 1980er-Jahre an der Ostküste der Staaten. Sehr dialoglastig und zu hastig, wenn man das Backcover liest, reicht ein Direkteinstieg in Kapitel 8 auf Seite 94. Dann bekommt die Geschichte Bilder.
Danny muss das Weite suchen. Ein groß angelegter Drogendeal ging in die Hose, und nach einem Anfall von Correctness – Danny kippte Heroin im Wert von zwei Millionen Dollar ins Meer – ist er nun auf der Flucht. Zum einen vor der Polizei, der CIA, weil ein Agent in diesem Fall verwickelt war, und den Morettis, von denen Danny das Zeug klaute. Danny flüchtet mit seinem senilen Vater nach Kalifornien und parkt ihn dort in einem Heim. Seinen Sohn übergibt er seiner Mutter, einem ehemaligen Las Vegas Show Girl mit Einfluss, und selbst muss er auf Druck vor CIA ein Haus voller Kohle abräumen. Gegenspieler „Popeye“ Domingo Abbarca soll Geld wie Heu haben, die CIA benötigt es für nicht ganz legale Operationen und Danny, mittlerweile schon schön an die Wand gefahren, braucht es, um zu überleben. Gesagt, getan! Ein im Detail geschilderter Raubüberfall und eine glückliche Fügung machen Danny und seine Crew zu stinkreichen und zugleich unbescholtenen Bürgern. Wie lange ist es jedoch für gelernte Verbrecher möglich, sich dem Müßiggang hinzugeben? Nach wie vor macht es Spaß, Don Winslow zu lesen. Sein Erfolgsprinzip ist einfach zu erklären: Er zimmert seine Romane aus den Defiziten seiner Figuren. Dazu saugt er allerhand Verbrechen auf, die gerade passieren. Das alles verkleistert er in einer unterhaltsamen Sprache zu einem Roman. Mit Spannung darf dem dritten Teil entgegengefiebert werden, in dem sich die Morettis und die Murphys ein letztes Mal gegenüberstehen werden. Bis jetzt sind seine Figuren weder von einer gewissen Altersweisheit beseelt, wie bei James Ellroy üblich, noch sind sie fragile Agenten im Zuschnitt eines James Sallis. Dann ist übrigens Schluss mit dem Schreiben, zumindest für einige Zeit, denn Winslow stellt sich ganz in den Dienst der Sache, um eine mögliche weitere Amtszeit von Donald Trump zu verhindern.
Das Party-Blackout
Bleiben wir in den Staaten: Die Studentin Leda studiert an einem US-College Astronomie. Nach dem Tod ihrer Mutter tritt Leda in die Psi-Delta-Studentinnenverbindung ein, um dem tristen Alltag zu entkommen. Auf einer Halloween-Party im Cathouse, einem Wohnheim für alternative, verbindungslose Studentinnen, trifft Leda ihren Schwarm Ian und es passiert etwas Unheimliches: Ein ihr unbekanntes, mysteriöses Mädchen will Leda aus „verganenen Zeiten“ kennen. Zwei Tage später erwacht Leda völlig verkatert und kann sich nur noch an Bruchstücke der Nacht erinnern. Und es kommt noch schlimmer: Das mysteriöse Mädchen, Charlotte, ist verschwunden, dazu ist Ledas Hals voller Knutschflecken. Überall offene Fragen: Hat sie mit Ian geschlafen? Wenn ja, war es einvernehmlich? Haben sie verhütet? Hat Leda Charlotte als Letzte gesehen? Wurde Charlotte ermordet? Anna Caritj spricht in ihrem Debütroman „Flüchtige Freunde“ ein Thema an, über das viele schweigen: Blackouts, die daraus resultierende Ungewissheit und die damit verbundenen Ängste. Der Autorin gelingt es, den Leser durch Cliffhanger in die Irre zu führen, allerdings erhoffen manche Kapitelenden mehr Input als tatsächlich kommt. Zwar weist „Flüchtige Freunde“ zu Beginn Züge eines Thrillers auf, allerdings wandelt sich der Roman im weiteren Verlauf immer mehr zu einem Entwicklungsroman – in Summe ein respektables Debüt.

Flüchtige Freunde
Anna Caritj, Berlin Verlag,
384 Seiten