Ein Drache namens Galliloth

Kultur / 16.06.2023 • 17:49 Uhr
Drache Galliloth und das getrickste TurnierMarion Crone (Autorin), Lukas Vogl (Illustrator), Omnino Verlag, 36 Seiten

Drache Galliloth und das getrickste Turnier

Marion Crone (Autorin), Lukas Vogl (Illustrator), Omnino Verlag, 36 Seiten

Kinderbücher sind intelligenter als landläufig angenommen. „Drache Galliloth und das getrickste Turnier“ ist ein Beispiel dafür.

Vielfalt Der äußerst gutmütige und gemächliche Drache Galliloth bekommt von der Maus Jesophio die Herausforderung zu einem Wettturnen zugeschickt. Nach einigem Grübeln und dem Befragen des Stein-Orakels – immerhin wird dabei ein Felsbrocken zerbröselt, an Kraft fehlt es dem gutmütigen Drachen also nicht – wird ihm klar, dass er sich der Herausforderung stellen muss. Schiedsrichter Extra-Scharf wartet bereits mit der Trillerpfeife am Start. Galliloth ist nervös, da er nicht weiß, ob er sich gegen die wendige Maus behaupten kann. Die erste Aufgabe ist nun, wie ein Vogel zu fliegen. Mit Energie und großer Freude stürzt er sich in das Abenteuer. Eine unglückliche Landung vermasselt den Erfolg bei der ersten Prüfung, doch schon bald stellt sich heraus, dass mit der fleißigen und supertalentierten Maus irgendetwas nicht stimmen kann.

Zuhören und bewegen

„Drache Galliloth und das getrickste Turnier“ ist eine listige Geschichte nach dem Muster „Der Hase und der Igel“ der Brüder Grimm. Die Vorarlberger Autorin Marion Crone und der Illustrator Lukas Vogel geben hier ein kongeniales Duo ab: Heitere, verständliche und gut vorlesbare Texte, dazu passen die schön aquarellierten Bilder des Illustrators Lukas Vogl.

Aber der eigentliche Gewinn dieses Buchs ist der interaktive Part. Passend zu jeder Szene werden die zuhörenden Kinder aufgefordert, die Geschichte für sich mitzuspielen: Trompeten, hüpfen oder balancieren wie Galliloth. Gut für die Konzentration, gut für die Identifikation bezüglich der Figuren und wunderbar für Familien, in denen die Liebe zu Büchern, Spaß, Spiel und Bewegung nicht zu kurz kommen sollen.

„Der gelbe Elefant“ hört sich fast wie der Titel eines Kinderbuchs an, ist allerdings Heinz Strunks neuer Kurzgeschichtenband. Zentrales Element von Strunks Kurzgeschichten: Eine skurrile Welt, in der nichts vorhersehbar ist und sich alles schnell wenden kann. Da wäre zum Beispiel eine Dystopie im Jahre 2050, in der Verschwörungstheorien Social-Media-Netzwerke überschwemmen und politisch rechts orientierte Parteien die Überhand nehmen – eine Zeit, in der die Zahl an alten Menschen die der jungen deutlich überschreitet, weshalb Steuergelder eine überdurchschnittliche Höhe annehmen und der Hass auf die Alten immer größer wird. So groß, dass es regelmäßig zu Altentötungen kommt. In einer anderen Geschichte schmiedet Freddy, ein Veganer à la RAF-Terrorist, den Plan, Fleischindustrie-Bosse zu kidnappen und in einem Bauernhof einzusperren. Oder die Geschichte des Alterungsprozesses, in dem ein Ehepaar in einem langsam aussterbenden Villenviertel lebt: der Freundeskreis verkleinert sich, es wird nur noch das Parterre der Villa genutzt, der menschliche Körper baut ab. Außerdem verteidigt ein pöbelnder, alkoholkranker Obdachloser, seine Park-Bank vor Zivilisten und ein vergessenes It-Girl erlangt wieder mediale Aufmerksamkeit.

Originelle Vielfalt

Strunk erzeugt in seinen Kurzgeschichten eine undurchschaubare Welt, die auf vielen Ebenen Ähnlichkeit zur Realität aufweisen, so kommen Themen wie Drogenkonsum, Veganismus, Kampfhunde-haltung und Klimaerwärmung nicht zu kurz. Auch wenn die Themen zunächst schwer verdaulich wirken, ist Strunks Welt niemals humorlos, trocken oder künstlich. Strunk schafft es in seinen brutalen, skurrilen, manchmal fantasievollen oder bloß alltäglichen Geschichten, sich realitätsnah in die Lebenswelten seiner Charaktere einzufinden, den Leser auf gute Art zu verstören und dabei einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Strunks Geschichten haben Power, gehen flott dahin und ziehen den Leser in einen Sog an Gefühlen.

Der Gelbe ElefantHeinz Strunk, Rowohlt Buchverlag, 208 Seiten

Der Gelbe Elefant

Heinz Strunk, Rowohlt Buchverlag, 208 Seiten