Musikalische Brillanz in einer düsteren Szenerie

Kultur / 30.07.2023 • 19:41 Uhr
Großer Jubel für düsteren „Macbeth“ mit Starsopranistin Asmik Grigorian am Samstagabend bei den Salzburger Festspielen.  SF/BERND UHLIG
Großer Jubel für düsteren „Macbeth“ mit Starsopranistin Asmik Grigorian am Samstagabend bei den Salzburger Festspielen.  SF/BERND UHLIG

Packende Inszenierung von Shakespeares „Macbeth“ in Salzburg.

Salzburg Mit „Macbeth“ präsentieren die Salzburger Festspiele erneut eine kühne und packende Inszenierung des Shakespeare-Klassikers. Unter der Regie von Krzysztof Warlikowski entfaltet sich das zeitlose Drama in einer Neuinterpretation, die das Publikum auf eine intensive Reise in menschliche Abgründe mitnimmt. Warlikowski inszenierte Verdis Schaueroper “Macbeth” bei den Salzburger Festspielen behutsam mit den Mitteln des Stummfilms und erntete dafür stürmischen Applaus.

Philippe Jordan, der musikalische Leiter der Aufführung, beweist einmal mehr sein herausragendes Können und Gespür für die musikalische Interpretation. Unter seiner Leitung gelingt es dem Orchester, die atmosphärische Dichte und emotionale Reife von Verdis Musik voll zum Ausdruck zu bringen. Jordans präziser Dirigierstil verleiht der Inszenierung eine bestechende musikalische Klarheit und unterstützt die Darsteller in ihren Rollen. Die Wiener Philharmoniker unterstreichen einmal mehr ihren herausragenden Ruf als Klangkörper von unvergleichlicher Qualität.

Harmonisches Zusammenspiel

Die Musikerinnen und Musiker schaffen eine fesselnde Klangwelt, die das Publikum in ihren Bann zieht und die dramatischen Facetten von Verdis Musik meisterhaft zum Ausdruck bringt. Ihre Präzision und ihre Ausdruckskraft tragen wesentlich dazu bei, dass die Aufführung zu einem unvergesslichen musikalischen Erlebnis wird.

In der Titelrolle des Macbeth brilliert Vladislav Sulimsky. Er verleiht der ambivalenten Figur eine fesselnde Präsenz und macht die innere Zerrissenheit des tragischen Helden spürbar. Sulimskys nuancierte Darstellung macht Macbeth zu einer faszinierenden und zugleich bedrohlichen Figur auf der Bühne. Asmik Grigorian übernimmt nach der Marie in „Wozzeck“, der Titelrolle in der „Salome“ und der Chrysothemis in „Elektra“ erstmals die Rolle der Lady Macbeth. Mit ihrer kraftvollen Stimme und Ausdrucksstärke verleiht sie der Figur eine bemerkenswerte Tiefe.

Auffallende Stärke

Tareq Nazmi glänzt als Banco mit seiner kraftvollen Bassstimme und seiner ausdrucksstarken Bühnenpräsenz. Er verleiht der Figur des Banco eine auffallende Stärke, die den Konflikt zwischen Gut und Böse in der Geschichte widerspiegelt. Caterina Piva als Kammerfrau der Lady Macbeth besticht durch ihre starke schauspielerische und musikalische Leistung. Ihre emotionale Intensität trägt dazu bei, die komplexe Beziehung zwischen Lady Macbeth und ihrer Vertrauten eindrucksvoll darzustellen. Heimlicher Star des Abends ist der Tenor Jonathan Tetelman als Macduff, der mit der Trauerarie für seine getöteten Kinder den größten Szenenapplaus erhält. Warlikowski setzt auf die ganze Breite der Bühne, auf Leere und schaurige Requisiten, auf Kinder mit Masken, auf Großmütter mit Strickzeug, auf Krankenhausinventar und auf simultane filmische Nahaufnahmen in Schwarzweiß. Sein Fokus auf die menschliche Dimension der Charaktere verleiht der Inszenierung eine besondere Tiefe und ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit den Motiven und Entscheidungen der Figuren. Dabei wird die Aktualität des Stückes betont, ohne auf oberflächliche Schwarz-Weiß-Konflikte zurückzugreifen. Warlikowskis Inszenierung lädt das Publikum ein, in die Abgründe der menschlichen Natur einzutauchen.

Bühne und Kostüme, entworfen von Małgorzata Szczęśniak, schaffen einen universellen und poetischen Raum für die Aufführung. Das von der Renaissance inspirierte Bühnenbild verleiht dem Stück historische Tiefe, während die Kostüme im italienischen Stil der 1920-30er-Jahre eine faszinierende Verbindung zwischen Ver­gangenheit und Gegenwart herstellen. VN-AMA