Zwischen sanft und verstörend

Kultur / 31.08.2023 • 19:12 Uhr
Es waren beste Voraussetzungen für einen spannungsreichen, intimen und dabei mitreißenden Kammermusiknachmittag. 
              
              Schubertiade

Unerwartetes Debüt für Klarinettist Robert Plane als Einspringer beim Elias String Quartet.

SCHWARZENBERG Manchmal kann die Absage eines Künstlers auch eine durchaus positive Überraschung bedeuten, so geschehen beim Kammerkonzert der Schubertiade am Mittwoch. Als der hier seit 2012 zum Stammpersonal zählende philharmonische Klarinettist Daniel Ottensamer krankheitshalber für diesen Termin absagen musste, hatte Gerd Nachbauer wie immer in solchen Fällen sofort einen in jeder Hinsicht adäquaten Ersatz parat.

Schubertiade-Debüt

Der Künstler, der auf diese Weise zu einem unerwarteten und erfolgreichen Schubertiade-Debüt kam, heißt Robert Plane, ist Soloklarinettist in prominenten britischen Orchestern und als Solist international gefragt. Natürlich kennt er das vorgesehene großartige Klarinettenquintett h-Moll von Johannes Brahms in- und auswendig, und seit Jahren verbindet ihn auch eine enge Zusammenarbeit mit seinen Landsleuten vom jungen Elias String Quartet, das sich nach Mendelssohns Oratorium benannt hat, vom Alban-Berg-Quartett gecoacht und mit Preisen überhäuft wurde. Dieser bereits vierte Auftritt bei der Schubertiade nach dem durchschlagenden Debüt-Erfolg von 2018 wurde vom stets gut informierten Fachpublikum der Schubertiade mit langen Wartelisten geradezu gestürmt. Beste Voraussetzungen also für einen spannungsreichen, intimen und dabei mitreißenden Kammermusiknachmittag, bei dem wieder einmal die von Feinspitzen seit Langem bewunderte Schubertiade-Dramaturgie Regie führt, irgendwie vergleichbar mit Alfred Wopmanns Bregenzer Dramaturgie bei den Festspielen. Dabei werden hier zwei in sich abgeklärte, inwendige Werke von starkem inneren Zusammenhalt einander gegenübergestellt, Brahms‘ Klarinettenquintett von 1891, das der Komponist resigniert mit Abschiedsgedanken ans Leben versehen hat, und Schuberts berühmtes Streichquartett d-Moll, „Der Tod und das Mädchen“ von 1824, das mit seinen Liedvariationen an Dramatik und Auflehnung gegen das Schicksal kaum zu überbieten ist. Folgerichtig werden die beiden Werke nicht chronologisch aufgeführt, also der fast 70 Jahre früher entstandene Schubert vor Brahms, sondern in umgekehrter Reihenfolge und damit in einem starken geistigen Zusammenhang, bei dem Brahms das Terrain bereitet für das letale Finale bei Schubert.

Wie sehr das Publikum diese emotionalen Inhalte verinnerlicht hat, spürt man nach dem ersten Werk allein am Applaus, der die Betroffenheit der Zuhörer spiegelt. Sie haben sich auch alle zusammen auf Top-Niveau erneut in die Spitzengruppe der bei diesem Festival antretenden weltbesten Quartette gespielt, die vier Musiker des Elias Quartetts mit ihrem Partner Robert Plane, der sich einfach als fünfte Stimme tonlich ideal in den kompakten Satz von Brahms einfügt, sich nur wo notwendig in den Vordergrund spielt, dabei brillant die Register seines Instruments zum Leuchten bringt. Von Primaria Sara Bittloch mit ihren traumhaften Tönen in höchsten Lagen und der quicken Bratschistin Simone van Gies­sen gehen dabei die wichtigsten Impulse aus, Donald Grant, zweite Violine, und die Cellistin Marie Bittloch komplettieren.

Große Zustimmung

In diesem Geist, nur ohne Klarinette, geht es nach der Pause weiter mit Schuberts d-Moll-Quartett, aufbrausend bis an die Grenzen klanglicher Schönheit, aufgeraut, frech, dann wieder vibratolos fahl ersterbend an den Grenzen der Hörbarkeit in einem versöhnlichen Pianissimo, das einem das Wasser in die Augen treibt. Und niemals geht dabei der starke innere Spannungsbogen zwischen sanft und verstörend verloren. Genau so und nicht anders möchten die eingefleischten Schubertianer hier ihren Säulenheiligen hören. Dementsprechend auch die finale Zustimmung.

Das Publikum quittierte das Konzert mit viel Applaus.
Das Publikum quittierte das Konzert mit viel Applaus.