Vom Politiker zum Musiker

Matthias Strolz über seinen Weg vom Parlament ins Tonstudio und auf die Konzertbühnen.
Schwarzach Die neue CD von Matthias Strolz „Back to Earth“ (gemeinsam mit Kurt Razelli) erscheint am 6. Oktober, die Single „What would love do?“ am 15. September. Die zwölf Tracks sind in englischer Sprache, mit Ausnahme von „Ich muss siegen“, einer Interpretation der menschlichen Tragödie des Krieges. „Back on Earth“ entführt den Hörer an einen Ort der Hoffnung und Liebe und bietet Bewältigungsstrategien für Zeiten, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz geprägt sind.
Sie haben eine bemerkenswerte Wandlung von der Politik zur Musik durchgemacht. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?
Strolz Während meiner politischen Tätigkeit hatte der Musiker Kurt Razelli ungefragt meine parlamentarischen Reden aufgegriffen, kreativ umgestaltet und elektronisch abgemischt. Als ich schließlich meinen Rückzug aus der Politik ankündigte, tauchte er mit einer Schwarzenegger-Maske in meinem Büro auf, und die Idee eines gemeinsamen Albums war schnell geboren. Die elektronisch „zerhackten“ Parlamentsreden und einige Zusatznummern, auch eine über meine erste Heimat, das Klostertal. Zwei Wochen nach meinem Ausscheiden aus dem Parlament präsentierten wir das Album im Wiener Flex. Erstaunlicherweise war es innerhalb einer Woche ausverkauft. Ich konnte es kaum glauben.
Nach 5 Jahren kommen Sie zurück mit dem Album „Back to Earth”.
Strolz Letztes Jahr habe ich Kurt Razelli nach vier Jahren wieder getroffen, und nach drei Minuten war klar, dass wir zusammen ein Album machen. Beim Schreiben der Lyrics spürte ich anfangs eine gewisse Zähigkeit. Aber immer, wenn ich im Ausland bin, überkommt mich eine kreative Welle, die mich regelrecht durchschüttelt. Ich glaube, das liegt daran, dass ich in diesen Tagen meine familiären und beruflichen Verpflichtungen hinter mir lasse und mich für einen Moment ganz der Muse hingeben kann. Von Lissabon über Barcelona und Mallorca bis hin zum Wienerwald und Indien – all diese Orte dienten mir als Kulisse für inspirierende Schaffensphasen. Besonders im Rückblick nach einigen Monaten wird mir bewusst, dass ich mich mit einer Art kreativer Datenbank außerhalb des Konventionellen verbinde – ähnlich wie es bildende Künstler beschreiben, wenn sie spüren, dass jemand anderes den Pinsel führt.
Können Sie uns einen Einblick in den kreativen Prozess geben, der zur Entstehung des Albums geführt hat?
Strolz Ich spreche die Texte auf mein Handy und schickte sie dann an Kurt Razelli. Gelegentlich fügte ich noch einen Hauch von Kontext hinzu, die Stimmung, wie ich mich fühle. Am Anfang hatte ich Zweifel, ob das funktionieren würde, schließlich kommen wir aus völlig unterschiedlichen Welten. Und doch gelingt es ihm mit bemerkenswerter Präzision, diesen Worten eine musikalische Stimmung zu geben – einen Rhythmus, eine Melodie -, die mich jedes Mal aufs Neue fasziniert. Ich bin immer wieder berührt und erstaunt, wie ihm das gelingt. Er lässt sich auf die Situation ein, hört genau zu, versucht, die Atmosphäre zu erfassen. Und dann entstehen die ersten Melodien und rhythmischen Bausteine. Dieser Prozess ist ein kreativer Akt, eine künstlerische Sequenz. Am Ende haben wir eine Demoversion, und dann geht es ins Studio.
Wo liegen Ihre musikalischen Wurzeln?
Strolz Mein musikalischer Weg begann bei der Harmoniemusik Wald am Arlberg und bei der Jugendkapelle Klostertal, wo ich Klarinette und Saxophon spielte. Diese zehn Jahre haben sich tief in meine Seele eingegraben. Da habe ich sehr schöne, großartige Erinnerungen. Trotzdem kann ich nicht behaupten, ein außergewöhnlich begabter Musiker zu sein (lacht). Aber ich bin ein passionierter „Wort-Arbeiter“, Vocalist und Performer.
Die Live-Auftritte sind ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil einer Musikerlaufbahn. Gibt es bereits Pläne, Ihre Musik auf der Bühne zu präsentieren?
Strolz Wir sind mitten in den Vorbereitungen für unsere Tour. Wir beginnen im legendären Treibhaus in Innsbruck. Dann geht es am 18. November weiter nach Dornbirn, wo wir im Conrad Sohm auftreten werden, ein Ort mit goldenen Jugenderinnerungen und eine Art Heimkehr, auf die ich mich sehr freue. Gleichzeitig ist da auch eine gewisse Nervosität. Vor tausend Leuten politische Reden zu halten, ist für mich kein Problem, aber eine musikalische Darbietung auf die Beine zu stellen, kostet mich schon Überwindung. Unsere Konzerte sollen zu Festen der Menschlichkeit werden, das ist unsere Vision. Musik, Gesang und Licht vereinen sich zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk. Das verspricht spannend zu werden.
Wie sieht es mit Ihren langfristigen Zielen als Musiker aus?
Strolz Hier bin ich offen für verschiedene Möglichkeiten. Da wir uns jetzt in einer Schaffensphase von einem Jahr bis zur Bühnenpräsentation befinden, ist es wichtig, die Resonanz zu spüren. Ich freue mich, wenn ich beispielsweise ein Mail von Harald Kloser aus Los Angeles bekomme. Dank unserer englischsprachigen Lieder bekommen wir Resonanz aus Ländern wie Indien, Afrika und den USA. Das zeigt, dass wir mit unserer universellen Botschaft offene Türen einrennen können.
